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Katalog : Rezensionen : 2012 : Geisteswissenschaften

Rezensionen

Geisteswissenschaften


Rezensionen: 19 Seite 1 von 2

Karl Besemer

Wenn der Teufel los ist

Warum greift Gott nicht ein?

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Nach dem Jahr 1775 war die Welt eine andere geworden. Jedenfalls für die Intellektuellen in Europa. Denn 1775 wurde die viertgrößte Stadt Europas, Lissabon, durch ein Erdbeben - und wie wir heute wissen, auch durch einen sich anschließenden Tsunami - zerstört.
Mehr als 100 000 Menschen fanden den Tod. Drei Monate brauchte die Nachricht des Schreckens damals, bis sie in Deutschland bekannt wurde. Die Kirchengemeinden waren ausgelöscht, denn das Beben geschah genau während der Zeit der Sonntagsmesse, die Gläubigen wurden erschlagen. Unversehrt blieb allein das Rotlichtviertel von Lissabon. Die Gläubigen und Frommen waren tot, die Sünderinnen und Sünder überlebten. "Wie kann Gott das zulassen!" Dieser Schrei ging durch Europa.
Er war die Geburtsstunde der Aufklärung.
Gott, das Böse und die Welt. Das ist ein aktuelles Thema - geblieben. Karl Besemer, der 14 Jahre lang Schuldekan in den Kirchenbezirken Ludwigsburg und Ditzingen war, hat das Thema in seinem neuesten Buch "Wenn der Teufellos ist - Warum greift Gott nicht ein?" aufgegriffen und buchstäblich durchdekliniert. Herausgekommen ist dabei ein "echter" Besemer. Hier schreibt ein Pädagoge durch und durch, der als Theologe seine Bibel kennt, und dem deshalb Sprache und Anwendung zugleich wichtig sind. So greift er das Thema des Bösen auf, zitiert Isaac Singer und Wolfgang Borchert, lässt den Schock von Lissabon nachwirken in den Worten von Leibniz, Kant und Schopenhauer, und stellt die vermeintlich so modernen Fragen auf ein biblisches Fundament: Er erläutert priesterlichen und jahwistischen Schöpfungsbericht, sucht mit dem Leser nach dem verlorenen Paradies, analysiert den Brudermord, die Sintflut, die babylonische Himmelsstürmerei, um schließlich über Hiob die durchkreuzte Theodizee auf Golgatha zu bekennen. Es mag in der Natur der Sache liegen, dass auch Besemer keine abschließende Erklärung für das Böse in der Welt hat. Denn das Böse ist da, man muss mit ihm umgehen.
Aber die philosophischen und theologischen Antworten, erleichtern diesen Umgang, weil Besemer in heutiger Sprache schreibt, in heutigen Denkmustern, Fragen und Antworten aufwirft und wiedergibt. Natürlich kann man den schmalen Band als einen Steinbruch für ausgesuchte Zitate zum Thema "das Böse" missbrauchen. Kompakter bekommt man es selten geliefert. Vielmehr sollte man sich jedoch auf die biblischen Geschichten einlassen, um ihre Aktualität für uns heute zu erkennen. Da ist Besemer ein guter Übersetzer.

Jürgen Kaiser

Quelle: Zeitschrift für die Evangelische Landeskirche in Württemberg: Heft 23 / 2012 - 66 Jahrgang

Rezension: 01.12.2012

Zeitschrift für die Evangelische Landeskirche in Württemberg: Heft 23 / 2012 - 66 Jahrgang

Reihe: Lebens- und Glaubenswelten

Karl Besemer - Wenn der Teufel los ist
Warum greift Gott nicht ein?
978-3-8440-0994-1

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Nach dem Jahr 1775 war die Welt eine andere geworden. Jedenfalls für die Intellektuellen in Europa. Denn 1775 wurde die viertgrößte Stadt Europas, Lissabon, durch ein Erdbeben - und wie wir heute wissen, auch durch... » mehr

Peter M. Quadflieg, René Rohrkamp (Hg.)

Das "Massaker von Malmedy": Täter, Opfer, Forschungsperspektiven

Ein Werkbuch mit Beiträgen von Tobias Albrecht, Mats Autzen, Anna Hissel und Katharina Hoppe

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Sechs Autoren, zwei junge Wissenschaftler und vier akademische Nachwuchskräfte der RWTH Aachen, haben es sich im Rahmen des Undergraduate Research Opportunities Program (UROP) zum Ziel gesetzt, originäre Forschungsleistungen zu erbringen. Ihr Thema: "Das Massaker von Malmedy". Der Hintergrund: ­"Die Armee einer Demokratie und die Streitmacht einer totalitären Diktatur, die eine auf einem Kreuzzug zur Befreiung des Kontinents, die andere verstrickt in einen rassistisch motivierten Vernichtungskrieg, der sich zum Existenzkampf eines Regimes gewandelt hat". Der Schwerpunkt: Jene Menschen, "die von ihren Lebensläufen an einem Tag an einem Ort in den Uniformen verfeindeter Nationen gegenübergestellt und als Täter und Opfer durch ein furchtbares Verbrechen miteinander verbunden" werden. Das Kriegsverbrechen von Malmedy ist durch eine Vielzahl von Publikationen bereits umfassend dargestellt worden. Dennoch gelingt es den jungen Historikern, dieses Massaker aus einer innovativen Perpektive zu beleuchten und zu deuten. Die Herausgeber, Peter M. Quadflieg und René Rohrkamp(f), zeichnen den großen Rahmen mit Aufsätzen zur Ardennenoffensive, der Waffen-SS im letzten Kriegsjahr und einer Chronologie der Erschießungen von Baugnez (der eigentliche Ort des Geschehens, ein ehemals kleiner Weiler vor Malmedy) nach. Katharina Hoppe und Tobias Albrecht beleuchten die gruppendynamische Perspektive dieser Ereignisse. Hoppe untersucht die Gruppe der Opfer, die US-Soldaten, und zieht dabei erstmals personenbezogene Unterlagen aus den National Archives der USA heran, die die Grundlage für eine Untersuchung des Sozialprofils der Ermordeten bilden. Sie stellt fest, dass die Gruppe recht homogen war und durch das unerwartete Aufeinandertreffen bei Baugnez gruppenintern "die Strukturen aufgebrochen" wurden. Dadurch habe die Gefahr bestanden, "dass es zu affektiv geprägtem Verhalten kommt, dass Panik ausbricht und die Gruppenmitglieder nicht mehr befehls- oder normkonform handeln", was die Eskalation nicht entschuldigen, aber mitbegründen könne. Ein Sozialprofil für die Mannschaftssoldaten der Kampfgruppe "Peiper" zeichnet Tobias Albrecht, der in einem weiteren Schritt anhand von ausgewählten Beispielen in einer Längsschnittanalyse die Biografie eines beteiligten SS-Führers und eines SS-Mannschaftssoldaten untersucht. Er kommt zu dem Schluss, dass das "SS-Führungspersonal nach nationalsozialistischer Indoktrination und Kampferfahrung vergleichsweise homogen" gewesen sei. René Rohrkamp beschreibt in seinem Artikel den Weg zu jener SS-Homogenität, die vor allem durch eine Entgrenzung der Gewalt gekennzeichnet war und auch in Baugnez zum Tragen kommen sollte: "Der Referenzrahmen versetzte die Handelnden mittels des sozialen Umfeldes, das diesen bejahte, in die Lage, das Verbrecherische ihrer Handlungen in die eigene, ideologisch deformierte moralische Welt zu integrieren und dadurch auch den grausamsten Taten Sinnhaftigkeit zu verleihen. Dies diene als Erklärung, nicht als Exkulpation." Dieser Brutalisierungsprozess, so schlussfolgert Albrecht, konnte auf die "jungen Mannschaften und Unterführer" nicht ohne Folgen bleiben. Sie waren "relativ kampfunerfahren, aber größtenteils durch das NS-Schul- und Erziehungssystem geprägt", so dass sie vergleichsweise offen für ein hemmungsloses Vorghen waren. Anna Hissel ordnet das Massaker anhand eines Vergleichs mit zwei weiteren Kriegsverbrechen der Waffen-SS an der Westfront in das komplexe Themenfeld des Kriegsvölkerrechts ein. Durch ihre Beurteilungsmatrix setzt sie den völkerrechtlichen Rahmen für die übrigen Beiträge und kommt zu dem Schluss, dass das "Verbrechen alle Charakteristiken der deutschen Kriegsführung, inbesondere der Vorgehensweise der SS-Einheiten, im fünften Kriegsjahr aufweist." Mats Autzen beschließt den Sammelband mit einer Betrachtung der Nachkriegswirkung des "Malmedy-Massakers" auf die deutsche und US-amerikanische Innen- und Besatzungspolitik und verortet diese Nachwirkungen auch in der unterschiedlichen Erinnerungskultur in den beiden Ländern, wobei das sehr hohe Institutionalisierungsniveau in der US-amerikanischn Erinnerungskultur den europäischen Leser etwas verwundern mag. Der gruppendynamische Ansatz als Fragestellung führt dazu, dass durch diesen Band in der Betrachtung von Kriegsverbrechen ein wissenschaftlicher Mehrwert entstanden ist. Die Autoren brechen nicht nur das häufge "Schwarz oder Weiß" in bisherigen Arbeiten auf, sondern bringen durch "situative und individuelle Element, die Einfluss auf die Vertiefung ideologischer Inhalte nahmen" auch neue Bestandteile in die historische Analyse ein. Diese zeichnet sich durch hohe Wissenschaftlichkeit, eine einfühlsame Differenzierung und die Heranziehung neuer Quellenbestände aus. Die Publikation ist somit nicht nur ein gelungenes Übungsstück einiger junger Historiker, sondern auch eine fundierte Vertiefung eines in der Literatur bereits stark abgehandelten Themas. Carlo Lejeune, Büllingen/Belgien

Quelle: Rheinische Vierteljahrsblätter , Jg. 76.2012, Seite 463-464

Rezension: 09.11.2012

Rheinische Vierteljahrsblätter , Jg. 76.2012, Seite 463-464

Reihe: Aachener Studien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte

Peter M. Quadflieg, René Rohrkamp (Hg.) - Das "Massaker von Malmedy": Täter, Opfer, Forschungsperspektiven
Ein Werkbuch mit Beiträgen von Tobias Albrecht, Mats Autzen, Anna Hissel und Katharina Hoppe
978-3-8322-9241-6

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Horst Hartmann

Namhafte Autoren aus der Regionalliteratur Pommerns von 1850 bis 1930

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Pommerns Literaten. Anders als die Literaturprovinz Schleswigholstein, die der früh verstorbene Flensburger Germanist Horst Joachim Frank in vier stattlichen Bänden porträtierte, anders auch als Ost- und Westpreußen, deren Literaturlandschaft Helmut Motekat immerhin noch einen Band widmete, erscheint das dazwischen liegende Pommern wie eine sprachlose Zone an der deutschen Ostsee. Daß auch dort Schriftsteller gelebt und gewirkt haben, ist bisher nur sporadischen Studien zu entnehmen. Es verwundert daher nicht, wenn ein Mann außerhalb der akademischen Zunft sich diesem Terrain zuwendet. Faktisch im Selbstverlag hat Horst Hartmann 2010 einen Abriß der jüngeren Literaturgeschichte, Pommerns gewagt, den er jetzt mit einer Präsentation "namhafter" Regionalautoren nach 1850 ergänzt. Dabei beschränkt er sich auf nur funf Autoren (Hans Benzmann, Alice Wittenberg, Max Dreyer, Ernst]. Groth, Georg Engel), deren Lebensläufe er im Telegrammstil referiert und deren Werk er jeweils anhand weniger Arbeiten vergegenwärtigt. Insgesamt vermittelt das Bändchen, das auf bibliographische Nachweise unverzeihlicherweise verzichtet, nur dürftigste Einblicke in Pommerns Literaturszene, die damit weiter ein Forschungsdesiderat bleibt. (ob)

Quelle: Junge Freiheit, Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissen und Debatte. Nr.46/12, Seite 21

Rezension: 09.11.2012

Junge Freiheit, Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissen und Debatte. Nr.46/12, Seite 21

Reihe: Literaturwissenschaft

Horst Hartmann - Namhafte Autoren aus der Regionalliteratur Pommerns von 1850 bis 1930
978-3-8440-0830-2

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Pommerns Literaten. Anders als die Literaturprovinz Schleswigholstein, die der früh verstorbene Flensburger Germanist Horst Joachim Frank in vier stattlichen Bänden porträtierte, anders auch als Ost- und Westpreußen,... » mehr

Ruth Schildhauer-Ott

Der schlesische Dichterkreis des Barock und seine Bedeutung für das evangelische Kirchenlied

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In der Düsseldorfer Dissertation von 2004 wird die literarische Gruppenbildung des schlesischen Dichterkreises um und in der Nachfolge von Martin Opitz nachgezeichnet und seine Bedeutung für die regionale Literaturentwicklung im Kulturraum Schlesien des 17. Jahrhunderts anhand der Gattung Kirchenlied analysiert. Im Unterschied zur meist schwer verständlichen Barocklyrik bedient sich das Kirchenlied einer klaren Sprache und einer unkomplizierten Gedankenführung, weshalb sich auch heute noch zahlreiche Lieder schlesischer Barockdichter in den Evangelischen Gesangbüchern finden. Von der Relevanz der neun wichtigsten Dichter bis in die Gegenwart zeugt zudem die Benennung verschiedener kultureller Vereinigungen nach ihnen.

Quelle: Schlesischer Kulturspiegel, 47. Jahrgang, Würzburg, 3/12 Juli - September, Seite 52

Rezension: 08.11.2012

Schlesischer Kulturspiegel, 47. Jahrgang, Würzburg, 3/12 Juli - September, Seite 52

Reihe: Literaturwissenschaft

Ruth Schildhauer-Ott - Der schlesische Dichterkreis des Barock und seine Bedeutung für das evangelische Kirchenlied
978-3-8322-3385-3

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In der Düsseldorfer Dissertation von 2004 wird die literarische Gruppenbildung des schlesischen Dichterkreises um und in der Nachfolge von Martin Opitz nachgezeichnet und... » mehr

Hans-Ingo Radatz

Das Mallorquinische: Gesprochenes Katalanisch auf Mallorca

Deskriptive, typologische und soziolinguistische Aspekte

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Mallorca zieht seit Jahrzehnten viele deutsche Urlauber an - die dort gesprochene Varietät des Katalanischen, das Mallorquinische wird von ihnen im besten Fall jedoch als ein "zu vernachlässigender Folkloreartikel", "die Normalisierung der Landessprache wie ein Schildbürgerstreich und das Ansinnen, diese selbst zu lernen, als hochgradige Zumutung" empfunden [294].
Nun stehen diese traurigen Tatsachen nicht im Zentrum des Interesses von Hans-Ingo Radatz´ 2010 veröffentlichter Habilitationsschrift, sondern sind vielmehr eine anekdotische Randbemerkung und sein Ziel ist es auch nicht, gegen diese Ignoranz anzuschreiben. Mit überkommenen Meinungen im wissenschaftlichen Sinn räumt er jedoch durchaus auf. Zum einen wurde dem Mallorquinischen bislang im Vergleich zu den einflussreicheren Varietäten Valencias und Barcelonas eher wenig Beachtung geschenkt, eine Überblicksdarstellung steht aus.
Zum anderen wurde es häufig auch nicht als eigenständig, sondern vielmehr als Dialekt des Ostkatalanischen wahrgenommen. Dies wiederum steht im Widerspruch zur Wahrnehmung der Sprecher, die sich mit anderen katalanischen Varietäten und insbesondere mit der katalanischen Standardsprache nicht identifizieren können. Radatz´ Ziel ist es also, einen Überblick über die historischen, soziolinguistischen und sprachlichen Besonderheiten des Mallorquinischen zu geben und diese vor dem Hintergrund bisheriger Forschung kritisch zu diskutieren.
Essentiell ist für ihn in diesem Zusammenhang der Vergleich sowohl mit anderen westeuropäischen Regionalsprachen, als auch mit anderen Varietäten des Katalanischen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der "kontrastiv zum Standardkatalanischen angelegten dialektalogischen Beschreibung des Mallorquinischen" [13f.] und innerhalb dieses Bereichs wiederum auf den Phänomenen, die das Mallorquinische vom Festlandkatalanischen unterscheiden.

Die Arbeit kann grob in zwei Teile geteilt werden: in einem ersten, die Kapitel 1-6 umfassenden Teil werden methodische und terminologische Fragen angesprochen sowie insbesondere ein Überblick über die aktuelle Situation, externe Sprachgeschichte, soziolinguistische Situation, Schrifttraditionen und sozioökonomische Entwicklung gegebeh, wobei diese Aspekte immer eng mit der Darstellung sprachlicher Fakten sowie des Sprecherbewusstseins verknüpft sind.
Im zweiten Teil (Kapitel 7) stellt der Autor sodann eine ausführliche Analyse von für das Mallorquinische charakteristischen sprachlichen Merkmalen dar. Radatz beginnt mit einem knappen Überblick [Kapitel 1, 15-31] zum Katalanischen Mallorquinischen, in dem er auf die bereits traditionelle Charakterisierung des Katalanischen als Brückensprache zwischen Gallo- und Iberoromania, auf Sprachgebiet und Verbreitung der verschiedenen katalanischen Varietäten und auf die Geschichte Kataloniens, der Comunitat Valenciana und der Balearen eingeht. Dabei lenkt er das Augenmerk verschiedentlich auf die Tatsache, dass das Katalanische Mallorcas noch viele galloromanische Elemente enthält und somit, traditioneller´ ist.
Während herkömmlich von einer Einteilung der katalanischen Dialekte in Ost- und Westkatalanisch vorgenommen wird, weist Radatz bereits an dieser Stelle darauf hin, dass die Verständigung zwischen Festland und Inselkatalanisch weit schwerer sei, als die zwischen West- und Ostkatalanisch; er sieht das Mallorquinische denn auch als den "iberoromanischen Regiolekt [ .. . ] der sich sprachlich am stärksten vom Kastilischen entfernt" [28].

Das zweite, auf ein gemeinsam mit Benno Berschin durchgefiihrtes Projekt zurückgehende und auch mit diesem als Ko-Autor verfasste, Kapitel [33-55]stellt unter dem Titel "Die westeuropäischen Regionalsprachen im Vergleich" im wesentlichen die auch für den Fortgang der Arbeit relevanten theoretischen und methodischen Grundlagen dieses Projekts vor.
Im Rahmen des Heidelberger Graduiertenkollegs "Dynamik von Substandardvarietäten" fand 2002 eine Tagung zum Thema statt, deren Ziel es war, verschiedene westeuropäische Regionalsprachen hinsichtlich ihres synchronen Status und ihrer geschichtlichen Entwicklung zu beleuchten. Die zu Grunde gelegten theoretischen Konzepte sind dabei durchaus ,alte Bekannte´ im Rahmen solcher Untersuchungen- ein modifizierter Fishman´scher Diglossiebegriff und das Konzept der Ausbau- und Abstandsprachen von Kloss - der konsequente Vergleich verschiedener regionalsprachlicher Situationen hinsichtlich davon abgeleiteter Parameter und deren Quantifizierung ist aber durchaus als innovativ zu betrachten.
Die vorgestellten Parameter werden in den folgenden Kapiteln 3 und 4 spezifischer auf das Mallorquinische bezogen wieder aufgegriffen. Das mit "Mallorca: Externe Sprachgeschichte im Vergleich" überschriebene dritte Kapitel [57-79] widmet sich dabei der externen Sprachgeschichte und zeichnet die - sowohl auf das Festland- als auch auf das Inselkatalanische bezogen- ,untypische´ Geschichte der Regionalsprache Katalanisch nach: Entgegen anderen Sprachen war das Katalanische bekanntlich lange Zeit noch nicht einer anderen Sprache ,untergeordnet´, vielmehr war sie eine von mehreren benachbarten Kultursprachen.
Aus dem Distanzbereich wird das Katalanische auf Mallorca erst im 18. Jahrhundert zunehmend verdrängt, was auch im "Verlust des Bewusstseins von der sprachlichen Zusammengehörigkeit mit dem katalanischen Sprachgebiet des Festlands und damit einhergehend de[m] Verlust der alten supradialektalen Schriftsprache" [77] Niederschlag findet. Nach Phasen erneuten Aufschwungs Ende des 19. Jahrhunderts sowie der Repression unter Franeo ist das Katalanische allgemein gegenwärtig verglichen mit anderen westeuropäischen Regionalsprachen wiederum eine untypische Regionalsprache, die die anderen hinsichtlich ihres ,Erfolgs´ überholt.

Im vierten Kapitel, "Mallorca: Soziolinguistische Situation im Vergleich" [81-93], untersucht Radatz die soziolinguistische und sprachpolitische Gesamtsituation des Mallorquinischen, wobei er Wert darauf legt, dass eine solche Analyse "nicht in der isolierten Auflistung von Informationen bestehen kann, sondern dass die Relevanz der einzelnen Beobachtungen erst im Vergleich mit ähnlichen Regionalsprachen abschätzbar wird" [81]. Die diesem Prinzip folgende Untersuchung von acht Teilbereichen - Grad des Ausbaus I der Normierung, Status im Erziehungssystem, gesetzlicher Status, Anteil der Regionalsprecher, Regenerationsrate, Medienpräsenz, Alltagspräsenz (gesprochen) und gesellschaftliches Sprachbewusstsein - zeigt, dass das Katalanische auf den Balearen sowohl hinsichtlich des von Radatz als ,Sprachkoordinate´ (~ Ausbau) bezeichneten Teilbereichs, als auch hinsichtlich der ,Sprecherkoordinate´ (~ Prestige) im Vergleich mit anderen Regionalsprachen sehr gute Werte erzielt, die sich Werten annähern, die etablierte Nationalsprachen erreichen würden.
Die Vergleichsdaten zu festlandkatalanischen Varietäten, dem Galicischen oder Baskischen - darauf weist Radatz auch selbst hin - fehlen hier leider, was der Anlage des in Kapitel 2 vorgestellten Gemeinschaftsprojekts geschuldet ist.
Kapitel 5 mit dem Titel "Eine kurze Geschichte des Schreibens auf Mallorca: zwischen pankatalanischer Norm und Dialektskripta" [95-113] beschäftigt sich mit der Frage, "welche Varietäten auf Mallorca im Laufe der Geschichte im schriftlichen Bereich" [95] seit dem 13. Jahrhundert verwendet wurden. Diese Frage ist im Kontext der vorliegenden Untersuchung insofern interessant, als sie Aufschluss über das Verhältnis der Sprecher zu einem überregionalen Standard des Katalanischen gibt. Radatz zeigt hier, dass zumindest bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts eine supraregional einheitliche Skripta verwendet wurde.
Dialektale Merkmale halten erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts vermehrt Einzug in die Schriftlichkeit, was Radatz mit Lüdtke (1991 , 236) als Reflex der Auflösung eines einheitlichen Sprachbewusstsein interpretiert. Erst die Einführung des Kastilischen als (zweite) Amtssprache nach dem Ende der Habsburgerzeit 1715 führte dazu, dass die katalanische Schreibtradition vorübergehend in Vergessenheit geriet. Von einer mallorquinischen Skripta kann vorwiegend im 19. Jahrhundert gesprochen werden, das von einer Neutindung regionaler Schreibtraditionen geprägt ist. Gegenwärtig ist das Mallorquinische - und nicht das Standardkatalanische, mit dem sich die Mallorquiner kaum identifizieren - überwiegend im Medium der Mündlichkeit vertreten, geschrieben wird überwiegend auf Kastilisch.

Unter dem Titel "Sprache und sozioökonomischer Kontext: vom prätouristischen zum modernen Mallorca" [115-133] untersucht das 6. Kapitel den radikalen Wandel der mallorquinischen Gesellschaft im 20. Jahrhundert und die damit verbundenen Konsequenzen für den Dialektabbau. Mit Wheeler (1993) bezeichnet Radatz die "prätouristische" mallorquinische Gesellschaft als "geschlossene Gesellschaft. Der Abgeschiedenheit Mallorcas ist es geschuldet, dass noch bis weit ins 19. Jahrhunde11 das Kastilische auch als in der Schule erlernte Fremdsprache kaum verbreitet war. Im 20. Jahrhundert, maßgeblich beeinflusst durch die Entwicklung des Tourismus, hat diese sich jedoch in kurzer Zeit radikal geöffnet, was erwarten lässt, dass die von Wheeler für geschlossene Gesellschaften postulierten sprachlichen Merkmale massiv abgebaut werden. Dies zeigt sich laut Radatz jedoch weniger deutlich als erwartet.

Das folgende siebte Kapitel "Die sprachlichen Fakten: Dialektalogische Beschreibung und Einordnung" [135-264] ist das quantitativ umfangreichste und stellt gemäß der Zielsetzung der Studie auch inhaltlich den Schwerpunkt dar. Radatz geht zunächst auf die bereits eingangs erwähnte traditionelle Einteilung der katalanischen Dialekte ein, die nur eine Unterscheidung ost- und westkatalanischer Dialekte vorsieht.
Die balearischen Varietäten werden dabei zwar als besonders eigenständig gesehen, letztlich in der Regel aber doch dem Ostkatalanischen zugeordnet. Annand der eingehenden Analyse typisch mallorquinischer Dialektmerkmale aus den Bereichen Phonetik I Phonologie, Morphologie, Syntax und Lexik diskutiert Radatz diese Zuordnung kritisch und stellt fest, dass das Mallorquinische nur in 6 von 11 untersuchten Kriterien "eine eindeutige Zugehörigkeit zum Ostkatalanischen" [261] zeigt.
Bezüglich der anderen Kriterien stellt er einerseits Parallelen zum Valencianischen fest- beide Varietäten haben im Kern den mittelalterlichen Zustand bewahrt - andererseits geht das Mallorquinische ganz eigene Wege.
Radatz betont also die Eigenständigkeit des Mallorquinischen und widerspricht somit der traditionellen Zweiteilung des katalanischen Sprachgebiets. Auch den konservativen Charakter des Mallorquinischen relativiert er: neben einer großen Zahl von Konservatismen stellten einige Dialektmerkmale durchaus auch Innovationen dar, die Bezeichnung einer ganzen Varietät als konservativ greift aus diesem Grund zu kurz.
Ausgehend von der Beschreibung des aktuellen Sprachzustands nimmt er für die zukünftige Entwicklung den "Abbau des galloromanischen Elements bei gleichzeitiger Konvergenz mit Zentralkatalanischen und Kastilischen" [262] an. Nachdem der Fokus bislang auf dem Katalanischen lag, schließt der Autor im "Epilog: Spanisch im Munde von Mallorquinern - Interferenzen und humoristische Selbststilisierung" überschriebenen letzten Kapitel den Bogen und beschreibt die Besonderheiten des Kastilischen auf Mallorca, zuweilen auch castellorquin genannt. Im Vergleich zum Festland kommt dem Kastilischen auf Mallorca nach wie vor eine geringere Bedeutung zu, was sich beispielsweise darin äußert, dass gerade in ländlicheren Gegenden nach wie vor monolinguale Katalanischsprecher anzutreffen sind, die nur rudimentäre Kenntnisse des Kastilischen vorweisen können. Radatz beschreibt hier die phonetisch I phonologischen, syntaktischen und lexikalischen Besonderheiten des katalanischen I mallorquinischen Akzents im Spanischen, wobei sich viele Überschneidungen mit dem allgemeinen katalanischen Akzent ergeben.

Der besondere Wert des Buches liegt neben dem interessanten Uberblick meines Erachtens in der konsequenten Verknüpfung interner Sprachbeschreibung mit den sozia-historischen Gegebenheiten sowie im stets präsenten Vergleich sowohl mit anderen Regionalsprachen, als auch mit anderen Varietäten des Katalanischen. Vielleicht nicht gerade eine Strandlektüre am Balneario 6, für alle anderen aber empfehlenswert.

Quelle: Zeitschrift für Romanische Sprachen und ihre Didaktik, Heft 6,2 Herbst 2012 S. 187

Rezension: 23.10.2012

Zeitschrift für Romanische Sprachen und ihre Didaktik, Heft 6,2 Herbst 2012 S. 187

Reihe: Biblioteca Catalànica Germànica - Beihefte zur Zeitschrift für Katalanistik

Hans-Ingo Radatz - Das Mallorquinische: Gesprochenes Katalanisch auf Mallorca
Deskriptive, typologische und soziolinguistische Aspekte
978-3-8322-8870-9

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Mallorca zieht seit Jahrzehnten viele deutsche Urlauber an - die dort gesprochene Varietät des Katalanischen, das Mallorquinische wird von ihnen im besten Fall jedoch als ein "zu vernachlässigender Folkloreartikel",... » mehr

Wolfgang Feucht

Didaktische Dimensionen musikalischer Kompetenz

Was sind die Lehr-Lern-Ziele des Musikunterrichts?

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Wolfgang Feucht entwirft ein als „Kompetenzpuzzle“ bezeichnetes Strukturmodell musikalischer Kompetenz, mit dessen Hilfe er musikdidaktische Konzepte und Modelle der Deutung dieser Konzepte einer analytischen Betrachtung unterzieht. Als handlungsleitende Prädisposition wird Kompetenz bestimmt von Erfahrung, Wissen, Einstellungen und Fertigkeiten. In seiner Darstellung als Puzzle unterstreicht das Modell die Mehrdimensionalität des Kompetenzbegriffs, die es verbietet, die verschiedenen Dimensionen hierarchisierend zueinander in Beziehung zu setzen. Zunächst werden grundlegende Begriffe sowie Verfahrensfragen erörtert und erläutert. Dreh- und Angelpunkt ist ein im Wesentlichen an Hermann Josef Kaiser angelehnter Praxisbegriff.

Erscheint die Entflechtung der Begriffe Bildung und Kompetenz zunächst als quasi heuristischer Kniff, erweist sie sich im weiteren Verlauf als Grundlage für die Bestimmung eines ungewohnt offenen, gleichwohl keineswegs unpräzisen oder beliebigen Kompetenzbegriffs. Das vom Autor entfaltete Verständnis ermöglicht zudem die Dekonstruktion manch einer der im Umlauf befindlichen begrifflichen Engführungen. Abschließend wird das Puzzle als Analyseschablone an sieben musikdidaktische Konzepte und Modelle angelegt.

Alles in allem bleibt die vorliegende Untersuchung in der Lösung ihrer eigentlichen Aufgabenstellung, der Analyse und Deutung existierender Modelle und Konzepte, mit einem zu Formalismus neigenden Analyseschema und einer mitunter an der Intention der jeweiligen Idee vorbeizielenden Kritik streckenweise blass. Überzeugender wirken Resultate und Erkenntnisse, die sich quasi als Nebenprodukte der eigentlichen Fragestellung ergeben: als Schärfung eines musikspezifischen Kompetenzbegriffs; als Begründung für die Inkommensurabilität ästhetischer Bildung; als Wegweiser zum Auffinden kompetenzorientierter Ziele des Musikunterrichts; als bündige Einschätzung der Leistungsfähigkeit und Grenzen geläufiger Unterrichtskonzepte.

Festzuhalten bleibt, dass es dem Autor in seinen Bemühungen um eine Schärfung des Kompetenzbegriffs gelingt, diesen einerseits freizuhalten vom Vorwurf, er sei zwangsläufig an das Paradigma der Messbarkeit oder Operationalisierbarkeit gebunden, ihn andererseits aber auch zu entlasten von der Aufladung mit nichtssagenden Allgemeinplätzen. Freilich bleiben offene Fragen, deren Diskussion anzuregen das vielleicht größte Verdienst dieser Publikation ist.

Die Einbeziehung grafischer Elemente als Hilfsmittel der Analyse mildert Schwächen der sprachlichen Gestaltung. Auch wäre eine größere editorische Sorgfalt dem Gesamteindruck zuträglich gewesen. Trotz dieser Einschränkungen stellt die Publikation einen wertvollen Beitrag zur Fachdebatte dar, die vielfältige Anknüpfungen denkbar, lohnend und wünschenswert erscheinen lässt.

Stefan Gies

Quelle: Musik & Bildung 3/2012, Seite 86

Rezension: 27.08.2012

Musik & Bildung 3/2012, Seite 86

Reihe: Beiträge zur Didaktik

Wolfgang Feucht - Didaktische Dimensionen musikalischer Kompetenz
Was sind die Lehr-Lern-Ziele des Musikunterrichts?
978-3-8440-0231-7

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Wolfgang Feucht entwirft ein als „Kompetenzpuzzle“ bezeichnetes Strukturmodell musikalischer Kompetenz, mit dessen Hilfe er musikdidaktische Konzepte und Modelle der Deutung... » mehr

Siegbert Riecker, Julius Steinberg (Hrsg.)

Das heilige Herz der Tora

Festschrift für Hendrik Koorevaar zu seinem 65. Geburtstag

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Ein dreifaches Ziel verfolgt diese in drei Sprachen zu Ehren des Niederländers Hendrik Jacob Koorevaar herausgegebene Festschrift, die in drei Themenbögen untergliedert ist: Zunächst geht es um die Würdigung und Wertschätzung der wesentlichen Wirkungen des 65jährigen durch seine Schüler, Kollegen und Freunde; dann wird die Hochschätzung der Heiligen Schrift durch den Alttestamentlers der Evangelischen Theologischen Fuculteit (ETF) Leuven (Belgien) hervorgehoben und schließlich eine ausführliche Auflistung der Literatur aus der Feder des unkonventionellen Exegeten geboten.

Fast vierhundert Seiten fasst die Festschrift und vereint dabei neunzehn Beiträge (zehn englische, sieben deutsche, zwei niederländische), die jeweils zumeist mit einer Literaturliste und einem englischsprachigen „Abstract“ ausklingen.

Im ersten Teil werden fünf Beiträge unter der Überschrift ‚Historie und Hermeneutik‘ geboten: Zum Einklang plädiert Herbert H. Klement, Basel, in seinem Essay Narrative Historie und Identität des Gottesvolkes: Zur Bedeutung von Geschichte und Geschichten im Alten Testament (3–22) pointiert für eine ideologiekritische Infragestellung historistischer Exegese und setzt sich für ein sorgfältiges Miteinander von literarischen und historischen Herangehensweisen an die Bibel ein. In Hinsicht darauf, dass der Historizität des Holocaust eine hohe Bedeutung zugemessen wird, solle man nicht zu leichtfertig den biblischen Erzählungen lediglich eine fiktive Geschichtlichkeit zugestehen! Carsten Vang, Deuteronomy and the Notion of Exilevon (23–40) bietet überzeugende Argumente im Blick auf die zeitliche Frühdatierung von Dtn 4 und 28, während Walter Gisin, Adam, Eva und die Jakobsfamilie in Hosea 6,7-11a (41–60), sich den Anspielungen im Hoseabuch widmet. Geert W. Loreins Aufsatz Dealing with Scripture and Circumstances in Nehemia 9-10 (61–77) profitiert von seiner Herausgebertätigkeit der alttestamentlichen Kommentarreihe „De Brug“ wie Kristofer D. Holroyds Beitrag Multiple Speech Act Layers, Jeremiah, and the Future of Studies in Structural Theology (79–94) erste Ergebnisse seiner Dissertation zusammenfasst.

Strukturelle Strategien stellen folgende Beiträge des zweiten Teils in den Mittelpunkt: Benjamin Kilchörתׁךרהךְז אח – Zur literarischen und theologischen Funktion der An- und Absageformeln in den Pentateuchgesetzen (97–120); Raymond R. Hausoul, Leviticus 25-27 in de metafysische grootheid Exodus-Leviticus-Numeri (121–133); Gunnar Begerau, Strukturelle und inhaltlich-theologische Verbindungen der Ketuvim in der Anordnung der BHS (135–151); Walter Hilbrands, Die Bedeutung der Struktur und Integrität des Predigerbuches für dessen Theologie (153–165 mit bestechenden Einzelbeobachtungen zur Bedeutung der Integrität und Struktur des Predigerbuches im Blick auf seine inhaltliche Erhellung!); Julius Steinberg, Das Hohelied – ein integrativer Ansatz (167–181 – schildert die Basis seines Hohelied-Kommentars in der Ambivalenz zwischen Differenz der Auslegung und Diversität des Hoheliedbuches selbst; beides ist nicht vorschnell zu harmonisieren) und Hans van Nes, Traces of A Three Part Canon underlying 1 Peter (183–197).

Der dritte Teil ist auf den Nenner der theologisch-ethischen Gesichtspunkte zu bringen und wird gut eingerahmt von den Beiträgen von Jan L. Verbruggen, The History of Interpretation of Exodus 21:22-25 (201–235) und Siegbert Riecker, Altes Testament und allgemeingültige Ethik: Plädoyer für ein Second Quest nach den Noachidischen Geboten (325–367). Letzterer ist der umfangreichste Beitrag des Buches und spannt den Bogen von einer biblisch-hermeneutischen Textpragmatik hin zur Ethik im Grundsätzlichen und Konkreten. Hierzu nimmt er ethische Entwürfe und jüdische sowie urchristliche Überlegungen in den Blick und fordert eine (stärkere) Wahrnehmung der unterschiedlichen theologischen Disziplinen untereinander ein. Eveline van Staalduine-Sulman, Impurity (237–256); Pieter A. Siebesma, Het boek Jona in de uitleg van de Middeleeuwse Joodse exegeten (257–266); W. Creighton Marlowe, Righteous People in Proverbs (267–283); Mart-Jan Paul, The Translation of Hebel in Ecclesiastes (285–301); Gie Vleugels, The Destruction of the Second Temple in the Odes of Solomon (303–310); Patrick Nullens, Value Personalism as a Lens to Read the Ten Commandments (311–323).

Ein Portrait des Jubilars rundet die rundum ansprechende Festschrift ab, die durch ein Stichwort- und Bibelstellenregister über die fest(schrift)liche Intention hinaus noch eine stärker alltagstaugliche Funktion hätte finden können. Gerade weil die Beiträge über den Tellerrand der deutschsprachigen Exegese blicken, haben sie das Potential dazu, bisherige exegetische Einsichten zu hinterfragen oder als neue Herausforderung in Blick zu nehmen. Dies desto mehr als nicht alle Beiträge einfach den Spuren des Geehrten Hendrik Jacob Koorevaar folgen, sondern folgenreich auf eigenen Füßen stehen und dabei reiche Ernte an Kornwaren (= Koorevaar) einfahren und erfahrbar machen, dass das „heilige Herz der Tora“ letzten Endes die Gnade ist (Lev. 16,17)!


Dozent Pfarrer Dr. Reiner Andreas Neuschäfer

Quelle: Dozent Pfarrer Dr. Reiner Andreas Neuschäfer erschienen in der Theologische Literaturzeitung (Ev. Verlagsanstalt Leipzig)

Rezension: 15.08.2012

Dozent Pfarrer Dr. Reiner Andreas Neuschäfer erschienen in der Theologische Literaturzeitung (Ev. Verlagsanstalt Leipzig)

Reihe: Theologische Studien

Siegbert Riecker, Julius Steinberg (Hrsg.) - Das heilige Herz der Tora
Festschrift für Hendrik Koorevaar zu seinem 65. Geburtstag
978-3-8440-0584-4

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Ein dreifaches Ziel verfolgt diese in drei Sprachen zu Ehren des Niederländers Hendrik Jacob Koorevaar herausgegebene Festschrift, die in drei Themenbögen untergliedert... » mehr

Siegbert Riecker, Julius Steinberg (Hrsg.)

Das heilige Herz der Tora

Festschrift für Hendrik Koorevaar zu seinem 65. Geburtstag

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Diese Festschrift für Hendrik Koorevaar bietet einen bunten Feststrauß zum 65. Geburtstag des Leuvener Professors.
Wie der einem Aufsatz Koorevaar entlehnte Titel schon signalisiert ("Das heilige Herz der Tora"), geht es dem Jubilar um eine herzliche Wertschätzung und Würdigung der Bibel als Heiliger Schrift. Dabei geht Hendrik Koorevaar oftmals ganz eigene Wege und ist bereit, gewöhnliche Denkwege zu verlassen und insbesondere Strukturfragen neu zu stellen.
Wie breit seine Wirkung ist, zeigt die große Anzahl der an der Festschrift beiteiligten, oftmals sehr jungen, Wissenschaftler aus dem deutschsprachigen, aber auch niederländischen, belgischen, Schweizer, amerikanischen und englischen Bereich.

Fast zwanzig Personen beehren den Jubilar mit ganz eigenen, individuellen Beiträgen, die in drei Teile unterteilt sind:

1. Historie und Hermeneutik

2. Kanon und Struktur

3. Theologie und Ethik

Neben Herbert H. Klement, Siegbert Riecker, Julius Steinberg sind als deutsche Autoren insbesondere zu nennen:

Walter Hilbrands, Walter Gisin, Benjamin Kilchör und Gunnar Begerau.

In der Sprachenvielfalt liegt neben der Chance vielleicht auch ein kleines Manko der Festschrift: Nicht alle Beiträge lassen sich gleich leicht erschliessen.

Doch gerade wer sich mit strukturelle Fragen und eingehenden Analysen gerne beschäftigt, wird an diesem Buch seine große Freude haben.

Diese Festschrift ist hervorragend redigiert, enthält ein Photo des Jubilars sowie eine ausführliche Literaturliste des Autors.

Sehr ansprechende Anregungen, Impulse und Hinweise zu sämtlichen Themen des Alten Testaments.

Überaus empfehlenswert!

Quelle: Amazon (04.08.2012)

Rezension: 04.08.2012

Amazon (04.08.2012)

Reihe: Theologische Studien

Siegbert Riecker, Julius Steinberg (Hrsg.) - Das heilige Herz der Tora
Festschrift für Hendrik Koorevaar zu seinem 65. Geburtstag
978-3-8440-0584-4

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Diese Festschrift für Hendrik Koorevaar bietet einen bunten Feststrauß zum 65. Geburtstag des Leuvener Professors.
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Chico Mello

Mimesis und musikalische Konstruktion

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Ausgangspunkt der musikwissenschaftlichen Dissertation des brasilianischen, in Berlin lebenden Komponisten Chico Mello waren Beobachtungen bei der Entwicklung seines Sohnes, das heißt die kindliche Weltwahrnehmung und die allmählichen Lernprozesse, in denen sich das Benennen und Verstehen von Erfahrungen vollziehen. In der 2008 in Dortmund an der Technischen Universität abgeschlossenen Arbeit Mimesis und musikalische Konstruktion werden diese Beobachtungen auf kompositorische Bereiche ausgedehnt. Dabei wird Mimesis erstens als Verwandtschaft und Verwandlung im Sinne von Nachahmung und Anverwandlung, zweitens als Aspekt der musikalischen Konstruktion und drittens als Mittel der künstlerischen Identitätsbildung untersucht. Mello bezieht sich auf Mimesis nicht nur als Konzept von Imitation oder Ähnlichkeitsbildung, sondern auch von Kontakt, Ansteckung, Verführung oder Intertextualität, also von dynamischen Wechselwirkungen. Diese unterschiedlichen Bedeutungsebenen von Mimesis werden in der Einleitung ausführlich diskutiert.

Im ersten Teil der Studie, der evolutionären Prozessen gewidmet ist, steht der mimetische Zusammenhang von Lautkommunikation, Sprache und Musik im Vordergrund, wobei historische und aktuelle Erklärungsmodelle mimetischer Strukturen im Beziehungsfeld zwischen Natur und Kultur einbezogen werden. Der zweite Teil der Arbeit ist eine Betrachtung von Mimesis als Anteil semiotischer beziehungsweise kognitiver Strukturbildungen in musikalischen beziehungsweise kompositorischen Kontexten. Dabei geht es vor allem um die Einschreibung körperlicher Erfahrungen in die Ausbildung von und Arbeit mit Zeichensystemen und Bedeutung, Symbolen oder Metaphern. Mimesis als zentraler Aspekt intersubjektiver Angleichungs- oder Distanzierungsprozesse und damit kultureller bzw. künstlerischer Identitätsbildung wird im dritten Teil der Arbeit thematisiert. Beispiele von Dieter Schnebel, Frederic Rzewski, Chris Newman und Coriún Aharonián ergänzen und konkretisieren hier die theoretischen Erläuterungen, wie es im zweiten Teil der Arbeit eigene Stücke und Klangkompositionen von Peter Ablinger getan hatten. Chico Mellos Dissertation ist ein Buch geworden, in dem man den Ausführungen und (Weiter)Entwicklungen der ersten Beobachtungen gerne folgt, dies nicht zuletzt auch deshalb, weil den Lesern ähnliche eigene Erfahrungen zugetraut werden.

Quelle: Positionen, Heft 91, Seite 54

Rezension: 02.07.2012

Positionen, Heft 91, Seite 54

Reihe: Musikwissenschaft

Chico Mello - Mimesis und musikalische Konstruktion
978-3-8322-9423-6

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Ausgangspunkt der musikwissenschaftlichen Dissertation des brasilianischen, in Berlin lebenden Komponisten Chico Mello waren Beobachtungen bei der Entwicklung seines Sohnes,... » mehr

Jonas Pfohl, Steffen Rother, Sabine Töfferl (Hrsg.)

copy&paste – meins, deins, unsers im gespräch

Symposiumsband zum 23. internationalen studentischen Symposium des DVSM e.V. von 9. bis 12. Oktober 2009 am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien

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Kritik konzis


Der Begriff copy&paste ist im Internet geläufig, nicht erst seit der Affäre Guttenberg. Aktuell wurde er jetzt durch die acta-Diskussion: Netzfreiheit gegen Urheberrecht. Das Symposium mit studentischen Diskussionsbeiträgen zum Thema aus dem Jahr 2009 kann also eher im Grundsätzlichen nützlich sein: zu Werk- und Eigentumsbegriff und fokussiert auf Pop-Geschäftsmodelle im Musikbusiness und in Eigeninitiativen von Künstlern. Doch eine besondere Nuance bringen die historischen Beiträge über copy&paste im weitesten Sinn: über Opernparodien im 18./19. Jahrhundert etwa oder Beethovens späte Werke mit Rückgriffen auf Bachs Goldbergvariationen; über Wiener Einflüsse auf die serbische Musik und Selbstzitate aus ihrem March of the Women der Frauenrechtlerin Ethel Smyth (beide englisch); zu Satie, Nancarrow und Tan Duns Marco Polo. Oder Ying Liu über die Beziehungen zwischen chinesischer und westlicher Musik anhand des populären Liedes Jasmine Flower. Der Beitrag über Urban Musicology, Musik als Performance im öffentlichen Raum, diskutiert das Thema theoretisch und praktisch (klassisches Konzert, Hardcore-Punk und Karaoke), doch fehlt das weite Feld der allgegenwärtigen Muzak-Berieselung. Auch werden die Autor/innen nicht vorgestellt.
Auch bei Komponisten und Komponistinnen in Vergangenheit und Gegenwart ist das handwerkliche copy&paste-Prinzip gang und gäbe. So bei dem Portugiesen Emmanuel Nunes dem Ricordi zum 70. Geburtstag eins seiner gediegenen Hommage-Hefte gewidmet hat. Die beiliegende exzellente CD enthält unter drei Titeln zwei, die sich auf Nunes‘ Werke fürs Musiktheater, Das Märchen und La Douce, beziehen. Die Klangsprache ergänzt die grundlegenden Beiträge und Huldigungen (englisch, deutsch, französisch) zu Person und Werk mit aufschlussreichen Notenbeispielen und Fotos; dazu Werkverzeichnis, Biblio-, Disko- und Filmografie. Das Collegium Novum Zürich freut sich in seiner Gratulation auf eine Nunes-Uraufführung in Witten (Akustische Maske für Ensemble und Live-Elektronik, Texte von Elias Canetti, 29.4.2012).

Ein weiteres Komponistenbuch grenzt zwar die Arbeit des Schweizers Beat Furrer auf einen bestimmten Ort und Zeitraum ein: das Studienjahr 2007/08 an Musikhochschule und Universität Basel. Doch gleich zu Beginn sind der Text von José Angel Valente, Skizzen und die Partiturreinschrift von Logófagos für Sopran und Kontrabass (2006) abgedruckt. Und auch mehrere (ältere) Gespräche und Texte Furrers (darunter ein Rezept für Kürbiscremesuppe) gehen auf frühere Werke wie die Oper Invocation (2004) oder das »Hörtheater« Fama (2005) zurück. Zum »Fama-Prinzip« äußert sich Herausgeber Kunkel mit einer Hypothese: »Was in vielen Musiken Furrers tatsächlich klingt, beruht auf einer bestimmten Auswahl aus Klangereignissen, die in einem frühen Stadium der kompositorischen Arbeit festgelegt und nicht alle zum Klingen gebracht werden beziehungsweise gebracht werden können.« Dabei sieht er »Merkmale der Musik Furrers« unter anderem schon im 1. Streichquartett (1984), dessen erster Satz komplett wiedergegeben ist, dann in Nuun (1996) oder Phasma (2002), mit einem Exkurs zu Furrers Lehrer Haubenstock-Ramati und zwei von dessen grafischen Notationen. Neben weiter führenden Aufsätzen von Ulrich Mosch, Daniel Ender und Lothar Knessl ist Simon Oberts Untersuchung zu »Resonanzen von Franz Schubert und Morton Feldmann in der Musik Beat Furrers« aufschlussreich. Wenig kontrovers, teils resignierend verlief ein Podium »Braucht Neue Musik Vermittlung?«.
Größeren Raum nimmt einer der spannendsten Komplexe dieses Buches ein: das Musiktheater Wüstenbuch (2010 in Basel uraufgeführt). Furrers den Tod umkreisendes, ganz abgedrucktes Textbuch (vor allem Händl Klaus, Ingeborg Bachmann, Lukrez) enthält auch den unglaublich modernen, nahezu 4000 Jahre alten Berliner Papyrus 3024, übertragen und kommentiert von dem bekannten Ägyptologen Jan Assmann (»Der Tod steht heute vor mir...«). Bestechend ist eine Reihe von Farbfotos zur Basler Marthaler-Inszenierung.
Am Beispiel eines bedeutsamen Werkes wird auch die Musik von Sofia Gubaidulina in Ortmeiers Würzburger Dissertation analysiert: der Seven Words (1982) Jesu am Kreuz. Die Streichquartette Nr. 2 und 3 (1987), Der Seiltänzer für Violine und Klavier (1993/95) werden gründlich nach Notentext, Form und (kritisch) nach Verwendung von Zahlenreihen (etwa Fibonacci) untersucht. In die Nähe zum geistlich-biblischen Sujet der »Sieben Worte« rücken In Croce für Violoncello und Orgel und Hell und Dunkel für Orgel (beide 1976), mit denen Ortmeier ähnlich verfährt. Stoffwahl und persönliche Äußerungen der Komponistin lassen keinen Zweifel an ihrem russisch-orthodoxen Glauben. Wie sie den Text aber in Struktur und minutiöser Motivarbeit, ebenso im Vergleich zu manch anderen Werken (Johannes-Passion 2000, Johannes-Ostern 2001) Musik werden lässt, zeigt den hohen Rang auch ihres religiös bezogenen Komponierens. Die Verwendung des Kreuzsymbols und die umfangreich dargelegte zentrale Bedeutung eines Schütz-Zitats (»Mich dürstet«) arbeitet Ortmeier als wichtigste Momente heraus. Im Anhang sind Korrekturen und Ergänzungen der Autographe akribisch aufgelistet.
Nicht mehr so neu, aber als Standardwerk auch im Kontext von Gubaidulinas Schaffen aufs Neue empfehlenswert ist Clytus Gottwalds Hörgeschichte. Als langjähriger Leiter der legendären Schola cantorum des damals Süddeutschen Rundfunks ist er kompetent wie keiner. Die bescheiden aufgemachte Broschur hat es in sich: faktenreicher Rückblick und engagierte Streitschrift zugleich, autobiografisches Bekenntnis, hellsichtige Gesellschaftsanalyse und Medienkritik. Brandaktuell: Rundfunkorchester, die um ihre Existenz bangen. Die Beispiel-CD enthält Werke von Richard Strauss, Schönberg, Messiaen, Krenek bis Nono und Ferneyhough. Unentbehrliche Meilensteine: Ligetis Lux aeterna (1966) und Kagels Hallelujah (1969).

Herbert Glossner

Quelle: Positionen, Heft 91, Seite 55

Rezension: 02.07.2012

Positionen, Heft 91, Seite 55

Reihe: Musikwissenschaft

Jonas Pfohl, Steffen Rother, Sabine Töfferl (Hrsg.) - copy&paste – meins, deins, unsers im gespräch
Symposiumsband zum 23. internationalen studentischen Symposium des DVSM e.V. von 9. bis 12. Oktober 2009 am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien
978-3-8440-0048-1

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Kritik konzis


Der Begriff copy&paste ist im Internet geläufig, nicht erst seit der Affäre Guttenberg. Aktuell wurde er jetzt durch die acta-Diskussion: Netzfreiheit... » mehr

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