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Rezensionen

Rezensionen
978-3-8440-4195-8
Andreas Meyer
Zwei Orientreisende auf der Suche nach dem wahren Selbst
Théophile Gautier und Gérard de Nerval
Literaturwissenschaft
Rezension
die Drei, Zeitschrift für Anthroposophie in Wissenschaft, Kunst und sozialem Leben, November 2016, S. 90f., 03.01.2019

Im Nachruf auf Gerard Nerval erinnerte sich Theophile Gautier an ihre brüderliche Arbeit für die Zeitschrift >Le Bien Public< und verglich sie dem Zwillingspaar Castor und Pollux. Manchmal zeichneten sie gemeinsam ihre Artikel mit »GG« für Gautier-Gerard. Ihr Oeuvre ist von Themen durchzogen, die beide bewegten: von der Welt des Traumes, der Bedeutung der Seele, der Suche nach dem wahren Selbst, Seelenwanderung, Doppelgängertum. Es ist das Verlangen nach Spiritualität inmitten einer dem Materialistischen zugeneigten Gesellschaft. Der Autor - selbst Therapeut und wissenschaftlich tätig in breitgefächerten Publikationen auf dem Gebiet der Psychologie sowie der Kulturwissenschaft, insbesondere des späten 19. Jahrhunderts, des Dekadentismus und fin de siecle - stellt die beiden Autoren in einen größeren Zusammenhang und hebt insbesondere die wegbereitende Tätigkeit des Erzählers Gautier für die Moderne hervor. Das Buch ist angenehm zu lesen und sehr nützlich als Einführung in die oben genannten Probleme durch die Zusammenfassung der relevanten Textpartien, die recht ausführlich wiedergegeben werden. Gelegentlich hätte der neugierige Leser sich noch weitere spezifisch psychologische Interpretationen vom Verfasser gewünscht. Für Nerval, den erfolgreichen Übersetzer von Goethes >Faust<, war die Orientreise eine alternativlose Notwendigkeit, um seine Existenz gesellschaftlich und literarisch zu rehabilitieren. Griechenland als Ursprung der westlichen Kultur und als Sehnsuchtsland bescherte beiden Reisenden bei ihrer Erkundungsfahrt eine Desillusionierung, hatte aber doch für sie eine »therapeutische und verklärende Wirkung«, wie es Hugo von Hofmannsthai als allgemeine Erkenntnis für die Erfahrung der Orientreisenden formulierte. Beide Dichter hielten in ihrem Glauben an die ästhetische Idealwelt fest: der Orient wird »zur imaginierten Welt des ästhetischen Scheins im Sinne einer Kunstreligion«. In der Suche nach dem wahren Selbst kommt es zu einem Feindbild des Europäers, als Gegensatz zum »idealistisch-romantischen Orientbild «. Die freiheitliche, auf das Individuum konzentrierte griechische Kunst erfährt eine Umwandlung. Nach der Orientreise beschäftigte Gautier sich mit dem Mysterienkult des Freimaurertums und des Illuminismus. Meyer zitiert Nietzsche, der den »Ästhetizismus als sinnstiftende Tätigkeit« betrachtete und der damit auch Gautiers l‘art pour l‘art als »Herrschaft über ein an sich geistloses und zweckloses Leben « hinstellte. Meyer stellt darüber hinaus eine aufschlussreiche Perspektive her, die Gautier mit Nietzsche und diesen mit Freud verknüpft: Gautier thematisierte die Suche nach der Seele und dem Geist durch die Sinneswahrnehmung und lieferte damit Grundbegriffe, die in seinem Todesjahr 1872 von Nietzsche mit seiner Kunstpsychologie in der >Geburt der Tragödie< aufgegriffen und wiederum in dessen Todesjahr von Freud in der Psychoanalyse fortgeführt wurden. Am Ende seines Buches geht der Verfasser sehr einleuchtend auf Oscar Wilde ein, der die emanzipatorische Rolle der Kunst betont, und den Ästhetizismus als eine im Leben sinnstiftende Kraft betrachtet. Gautier wird damit als Vordenker und Vorbereiter der literarischen Avantgarde um 1900 gedeutet. Wolfgang Droste

978-3-8440-4195-8
Andreas Meyer
Zwei Orientreisende auf der Suche nach dem wahren Selbst
Théophile Gautier und Gérard de Nerval
Literaturwissenschaft
Buchbesprechung
"Gegenwart" Zeitschrift für Kultur, Politik, Wirtschaft Nr. 4/2016 / Seite60, 14.03.2017

Im neuen ArchivMagazin schreibt David Mare Hoffmann zur Geschichte und Gestalt der Rudolf Steiner Gesamtausgabe: <> (S. 57) Es wird ein aufzubringender jährlicher Betrag von zirka 700000 Franken geschätzt, insgesamt 7 Mio. Franken, was doch im Vergleich mit andern Projekten bescheiden anmutet, angesichts der substantiellen Aufgabe, die hier in seriöser Weise weitergeführt wird. Im folgenden Beitrag präsentiert D.M. Hoffmann den Editionsplan der noch ausstehenden Bände, wobei jeder Band einzeln vorgestellt wird. Danach werden die Editionsrichtlinien veröffentlicht, wobei auf Marie Steiners Vorgaben eingegangen wird. Zum künstlerischen Nachlass Rudolf Steiner äussern sich Bodo von Plato, Johannes Nilo und Roland Halfen: inbezug auf die Goetheanum Kunstsammlung - das gilt nicht für das Rudolf Steiner Archiv- wird von einem konservatorischen Notstand gesprochen. Es wird von Bodo von Plato ein zukünftiges Museum am Goetheanum angedacht (S. 158). Neue Bücher Die grosse Aufgabe der Gesamtausgabe sollte zum Abschluss gebracht werden, solange es die Zeitumstände erlauben.

978-3-8440-4195-8
Andreas Meyer
Zwei Orientreisende auf der Suche nach dem wahren Selbst
Théophile Gautier und Gérard de Nerval
Literaturwissenschaft
Rezension
Ingrid Anna Kleihues / Agentur Kleihus / Stuttgart, 03.08.2016


Die Französische Revolution ist noch präsent, die Auswirkungen beginnen die Gesellschaft immer stärker zu verändern. Das ist wohl nirgends so intensiv zu erleben, wie in Paris im 19. Jahrhundert. In diese Zeit des großen Umbruchs werden THÉOPHILE GAUTIER und GÉRARD DE NERVAL geboren, Nerval 1808 und Gautier 1811. Schon in der Schulzeit lernen sie sich kennen und bleiben sich bis an ihr Lebensende in Freundschaft verbunden, in Phasen fast symbiotisch. Dabei sind sie so verschieden. Gautier, dieser reine „Augenmensch“, wie sich Baudelaire über ihn voller Bewunderung äußerte; er hat ihn verehrt und ihm seine „Blumen des Bösen“ gewidmet. Über die Malerei kam Gautier zur Literatur und damit zu den Größen seiner Zeit um Victor Hugo und gleichzeitig in diese Welt der beginnenden Moderne nach Orientierung suchend. Im Orient sah man „die Quelle aller Weisheit und das Ziel der Sehnsucht“.

So erging es auch Nerval. Auch er war ein ewig Reisender und Suchender. Schon mit 18 hatte er Goethes Faust I übersetzt und sich dann als Literat einen großen Namen gemacht.

Während man Gautier später exzentrisch und schrill gekleidet in der Welt des Dandys fand, lebte Nerval zwischen Traum und Phantasie – und beide suchten sie, das Übersinnliche, das Unsichtbare zu erkunden.

Die Faszination dieser Jahre in Paris hat Andreas Meyer wunderbar eingefangen. Den Zauber des Aufbruchs, die Reisen in den Orient, die Napoleon durch seine Expeditionen vorbereitet hatte, die Entdeckung der Psyche lange vor Freud.

Das alles liest sich spannend, und man staunt, warum bis dato in Deutschland so wenig davon bekannt war.

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