Die von Michael Martinek betreute Schrift wurde im Sommersemester 2011 von der Universität des Saarlandes als Dissertation angenommen. Die Arbeit widmet sich den Rechtsfragen, die sich im Rahmen des sogenannten Werbeschaltvertrags im Rundfunk stellen. Dabei handelt es sich um den Vertrag, welcher der Schaltung von Werbespots im Rundfunk zugrunde liegt.
Der Autor wählt eine sehr praxisbezogene Herangehensweise. Die Arbeit ist in sechs Kapitel gegliedert. Die kürzesten Kapitel sind die Einführung und der Gang der Darstellung. In Kapitel 3 werden die Grundlagen für die Untersuchung des Werbeschaltvertrags gelegt. Der längste Teil ist Kapitel 4, welches sich im Detail mit den Vertragsklauseln befasst. Relativ kurz behandelt Kapitel 5 die Besonderheiten der Einbeziehung einer Mediaagentur in das Vertragsverhältnis. Kapitel 6 enthält die Schlussbetrachtungen und das Ergebnis. Das selbstgesteckte Ziel des Autors ist es, den Werbeschaltvertrag in seiner Gesamtheit wissenschaftlich darzustellen und zu analysieren.
Den Ausgangspunkt seiner Arbeit bildet eine kurze Einführung in den Begriff der Werbung und dessen historische Entwicklung sowie die Darstellung der Gesetzeslage für die Ausgestaltung der Rundfunkwerbung. Die Beschreibung der Rechtsgrundlagen umfasst den verfassungsrechtlichen, den einfachgesetzlichen und den europarechtlichen Rahmen. Zudem werden in Kapitel 3 die an der Werbevermarktung Beteiligten und deren Tätigkeiten vorgestellt. Dies sind die Unternehmen, die für ihre Produkte werben wollen, sowie Mediaagenturen, Werbevermarkter und Rundfunkveranstalter.
In Kapitel 4 arbeitet Kleist die einzelnen Vertragsbestimmungen des in der Praxis typischerweise verwendeten Werbeschaltvertrags ab. Zunächst werden die Pflichten des Rundfunkunternehmens und die Pflichten des werbungtreibenden Unternehmens zur Bestimmung des Vertragsgegenstands gegenübergestellt. Danach diskutiert Kleist, ob dieser Vertrag rechtlich als Kauf-, Pacht-, Dienst oder Werkvertrag einzuordnen sei und kommt zu dem Ergebnis, dass ein Werkvertrag vorliege.
Da neben der Ausstrahlung des Werbespots weitere Vertragspflichten bestehen, plädiert er für die Klassifizierung als Typenkombinationsvertrag, bei welchem der Werkvertrag um Elemente eines Lizenz- und eines Verwahrungsvertrags ergänzt wird. Danach widmet sich der Autor den Rechtsfragen der Leistungsdurchführung. Er beginnt mit dem Vertragsschluss, bei welchem sich die Fragen AGB-Kontrolle, Ablehnung von Aufträgen sowie Kontrahierungszwang stellen. Die AGB-Kontrolle ist auf Werbeschaltverträge anwendbar, auch wenn Kleist keine problematischen Klauseln im typischen, in der Praxis verwendeten Werbeschaltvertrag entdeckt hat.
Die Möglichkeit der Ablehnung des Vertragsschlusses durch einen Rundfunkveranstalter sieht Kleist richtigerweise insbesondere bei Werbespots, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen oder bei denen es sich nicht um Werbung im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages bzw. um Werbung handelt, die z.B. aus weltanschaulicher oder religiöser Sicht nach dem Rundfunkstaatsvertrag verboten ist.
Allerdings bezieht sich Kleist bezüglich des Begriffs Werbung auf § 2 Abs. 2 Nr. 5 RStV statt auf § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV und bei der verbotenen Werbung auf § 7 Abs. 8 RStV statt auf § 7 Abs. 9 RStV, obwohl er in seinem Grundlagenteil die richtigen Bestimmungen aufgeführt hat. Den Kontrahierungszwang leitet Kleist erstens aus dem kartellrechtlichen Diskriminierungsverbot her und hält diesen unter der Voraussetzung des Anlegens strenger Maßstäbe im Einzelfall für möglich.
Die Subsumtion der Werbevermarkter wie IP Deutschland und SevenOne Media unter das Tatbestandsmerkmal Marktbeherrschung ist dabei etwas pauschal geraten. Als zweite Variante prüft Kleist, ob sich für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein Kontrahierungszwang aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ergibt und bejaht dies. Er rechnet die Rundfunkwerbung im öffentlich- rechtlichen Rundfunk zumindest mittelbar der öffentlichen Daseinsvorsorge zu, weshalb die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch in diesem Bereich an die Grundrechte gebunden seien, unabhängig davon, ob sie die Werbevermarktung privatrechtlich organisierten Tochtergesellschaften übertragen würden.
Anschließend untersucht Kleist verschiedene Probleme, die im Rahmen der Leistungsdurchführung auftreten können, wie z.B. bei der Ausstrahlung des Werbespots, dem Ausstellen einer Sendebestätigung, der Verwahrung und Rückgabe von Sendeunterlagen, der Übertragung von Nutzungsrechten an den Werbevermarkter und den Angaben zur Abrechnung mit Verwertungsgesellschaften. Der nächste Komplex umfasst die Leistungsstörungsrechte. Kleist bildet fünf Fallgruppen, um festzustellen, ob ein Sachmangel vorliegt und welche Ansprüche das werbungtreibende Unternehmen jeweils geltend machen kann. Diese Beispiele sollen, wie der Autor ausfuhrt, nicht sämtliche Konstellationen abdecken, sondern als Leitlinien fur die Behandlung ähnlich gelagerter Fälle dienen. Die Fallgruppen sind das Nichterreichen des gesamten Ausstrahlungsgebiets, die fehlerhafte Ausstrahlung des Werbespots, die Ausstrahlung eines Werbespots im falschen Programmumfeld oder zur falschen Zeit sowie die Ausstrahlung eines falschen Werbespots. Für die werbungtreibenden Unternehmen ist vor allem der Anspruch auf Nacherfüllung bedeutsam, der das Recht auf erneute Ausstrahlung des Werbespots im gleichen bzw. vergleichbaren Programmumfeld enthält. Weiterhin werden die Ansprüche auf Rücktritt und Minderung sowie Schadens- und Aufwendungsersatz geprüft.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit den Besonderheiten, die sich durch die Einschaltung einer Mediaagentur beim Abschluss eines Werbeschaltvertrags ergeben. Es überrascht, dass dieser Teil so knapp gehalten ist, obwohl in der Praxis der weit überwiegende Teil der Werbeschaltverträge unter Beteiligung einer Mediaagentur abgeschlossen wird. Den Vertrag zwischen werbungtreibendem Unternehmen und Mediaagentur ordnet Kleist als Geschäftsbesorgungsvertrag ein. Nach Ansicht von Kleist verändert sich die Rechtsnatur des Werbeschaltvertrags, wenn dieser zwischen Mediaagentur und Werbevermarkter abgeschlossen wird, nicht. Ein weiterer Aspekt betrifft das Thema Vergütung, da die Mediaagenturen von den Werbevermarktem Agenturprovisionen und sogenannte außertarifliche Vorteile erhalten.
Der Autor erörtert, inwieweit eine Weiterleitungspflicht der außertariflichen Vorteile der Mediaagenturen an die werbungtreibenden Unternehmen besteht und verneint dies im Ergebnis unter Bezugnahme auf die «Kickback»-Rechtsprechung des BGH. Zusammenfassend kann Alexander Kleists Schrift dem Praktiker an die Hand gegeben werden, um einen schnellen Einstieg und Überblick über die Rechtsfragen dieses Vertragstypus zu gewinnen. Dem wissenschaftlichen Anspruch hätten mehr Belege und Quellennachweise durchaus gut getan.
PD Dr. Stephanie Jungheim, Bonn