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Rezensionen

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978-3-8322-8962-1
Florian Carius, Björn Gernig
Was ist Freizeitwissenschaft?
Konzeption - Entwicklungsstand - weltweiter Vergleich, 2. Auflage
Schriften zur Bildungs- und Freizeitwissenschaft
Rezension
Die Online-Zeitschrift für Arbeitszeit und Zeitwirtschaft, Freizeit und Urlaub || Zeitmanagement, Ausgabe 28, 21.02.2011

"Freizeit-Wissenschaftler" werden gemeinhin belächelt, man erinnert sich vielleicht an die Studenten der "Wirtschafts-Wissenschaft", die sich - deswegen - allabendlich in Berliner Kneipen trafen. Mit der hier vorgelegten Dissertation wollen die Autoren ein für alle mal mit derartigen Vorurteilen aufräumen und mithelfen, die Freizeit-Wissenschaft als eigenständige Wissenschafts-Disziplin zu etablieren. Vorreiter in Deutschland ist hier die Hochschule Bremen, an der auch dieses Werk entstand.

Das Buch soll klären, was Freizeit-Wissenschaft überhaupt ist, wie sie in Deutschland entstanden ist und sich entwickelt hat und wie dies im weltweiten Vergleich einzuordnen ist. Dazu haben die Autoren 1800 Dokumente analysiert und in einer Online-Datenbank archiviert. Die Autoren reflektieren somit über sich selbst bzw. ihre Wissenschaft, wobei sie ganz unten, mit der Definition von "Freizeit" und "Wissenschaft" beginnen müssen, denn dies ist für diese Disziplin ihrer Ansicht nach noch nicht geklärt. Die Dissertation richtet sich somit vorrangig an die Studenten und Wissenschaftler in dieser Disziplin selbst, dürfte für sie ein grundlegendes Werk sein.

Was "Freizeit" ist, diskutieren die Autoren in sehr umfassender Weise und belegen die unterschiedlichsten Sichtweisen mit vielen Zitaten und Bezügen, die bis in die vermutete Entstehung des Begriffs im 13. Jh. zurück reichen. Sie bieten schließlich auf S. 37 ihres Buches ihre Definition: "Freizeit ist jener Teil der Lebenszeit, der sich innerhalb von externen wie habituellen oder selbstgewählten Zeitbindungen mit präferenzgesteuertem Wählen zwischen Handlungsalternativen durch einen hohen bis sehr hohen Grad an Zeitautonomie auszeichnen."

Im folgenden kurzen Kapitel befassen sich die Autoren mit der Wissenschaft als System und als Disziplin, um weitere Grundlagen für das nachfolgende vierte Kapitel zu legen, in dem sie sich mit der Freizeitwissenschaft im deutschsprachigen Raum auseinander setzen. Sie geben dazu einen historischen Abriss über die Entwicklung der Freizeitwissenschaft und zeigen auf, welche Aspekte gut und welche weniger gut erforscht sind bzw. welche aktuellen Fragestellungen bearbeitet werden. Die dargestellte historische Entwicklung mit Anfängen im 15. Jh. und der Entstehung in Deutschland in den 30er Jahren zeigt, dass es sich keineswegs um eine junge Wissenschaft handelt, sondern dass sie bereits auf eine bedeutende Geschichte verweisen kann, allerdings bezeichnen die Autoren den heutigen Stand der Freizeitwissenschaft als "unreif" mit einem großen Bedarf an wissenschaftstheoretischen Diskussionen.

Die Autoren konstatieren, dass die Freizeitwissenschaft heutzutege relevante spezifische Fragestellungen bearbeitet, der Gegenstandsbereich jedoch noch nicht klar strukturiert und von anderen Wissenschaften, z. B. der Sportwissenschaft, abgegrenzt ist. Die bisherigen Erkenntnisse sind in ihren Augen noch zu wenig systematisiert. In Abgrenzung zu anderen Wissenschaften sehen die Autoren trotz gegenwärtiger Institutionalisierungen die Gefahr, dass sich diese Wissenschaft weiterhin eigenständig etablieren kann, obwohl sie das Potenzial dazu eindeutig erkannt haben wollen. Sie liefern auf S. 129 ihres Buches eine Definition der Freizeitwissenschaft:

"Freizeitwissenschaft ist die Wissenschaft von der Struktur, den Inhalten, Funktionen und der Entwicklung der Freizeit sowie ihrer Ausprägungen und Rahmenbedingungen in den Bereichen Mensch, Gesellschaft und Umwelt. Die multidisziplinär entstandene Disziplin analysiert mit vorwiegend sozialwissenschaftlicher Methodik die vielfältigen Aspekte und legitimiert sich über die hohe persönliche und gesellschaftliche Bedeutung der Freizeit. Ihr Anspruch ist, einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität sowie zur Befähigung zum zukunftsfähigen Umgang mit Erscheinungsformen und Problemen der Freizeit zu leisten."

Im weiteren Verlauf ihrer Arbeit dokumentieren die Autoren ihre im Jahr 2009 weltweit durchgeführte Befragung von Experten für Freizeitwissenschaft. Sie stellen darin u. a. fest, dass es zwar viele Gemeinsamkeiten bei Forschungsthemen, jedoch ein Auseinanderklaffen der Fragestellungen gibt. Der Theoriemangel und das ungeklärte Selbstverständnis sind auf allen Kontinenten zu erkennen.

Am Ende ihrer Arbeit präsentieren die Autoren einen "Steckbrief" für die Freizeitwissenschaft (s. Abb.), mit dem sie auf anschauliche Weise eine universelle Definition liefern. Anschließend stellen sie die von ihnen herausgearbeiteten Entwicklungsziele und die darauf ausgerichteten Handlungsempfehungen vor, deren Umsetzung ihrer Ansicht für den Fortbestand und die weitere Etablierung dieser Wissenschaft notwendig ist.

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