Beitrag: Beiträge einer Evaluationsforschung in der Sportpädagogik
Autorin: Bähr, Ingrid
Fundstelle:S. 141-154, Lit.
Wirkungsfeld der Sportpädagogik ist der Schulsport. Hier wird die sportpädagogische Leitfrage nach dem „Wozu?“ mit dem Doppelauftrag des Sportunterrichts beantwortet. Dieser integriert fachliches und persönlichkeitsbezogenes Lernen. Das Subjekt (der Schüler) setzt sich dazu bewegungsbezogen mit der materialen und sozialen Umwelt auseinander. Sportunterricht kann als leibliche Aneignung eines demokratischen Habitus interpretiert werden. Erfolgreiche Evaluationsforschung setzt diese sorgfältige Zielexplikation voraus. Sie beurteilt die Maßnahmen zur Umsetzung methodischer Konzepte, das Programm oder Design sozialer Interventionsmaßnahmen und macht Vorschläge zur Verbesserung ihrer Wirkung.Lehrerhandeln und Lehrumgebung sind dabei Variablen die (Selbst-)Bildung ermöglichen aber nicht verursachen. Die Selbsttätigkeit des Subjekts ist der zentrale Mechanismus. Empirische Unterrichtsforschung stellt sich sehr komplex dar. Gleichzeitig eine summative Evaluation der Wirkung der Maßnahme und eine formative Evaluation als Prozessbegleitung durchzuführen, ist kaum möglich. Eine empirische Brücke zur Analyse dieses komplexen Gebildes bietet beispielsweise die Denkfigur des Angebot-Nutzungs-Modells.Längsschnittstudien die das Hauptaugenmerk auf das Handeln des Lernenden legen sowie eine Berücksichtigung der gesellschaftliche Legitimation des Faches, sind in die Studien mit zu integrieren. Mit der durch PISA angeregten Bildungsdiskussion erlebt die Evaluationsforschung seit kurzem einen Aufwind, was die Veröffentlichungszahlen auf diesem Gebiet zeigen. Untersuchungen beschäftigen sich zumeist mit den Effekten des Sportunterrichts und des Sports. Verf. schlägt vor, dass man dieses Betrachtungsfeld auch auf den informellen, nicht pädagogischen Sport erweitern sollte, indem man für diesen konkrete Maßnahmen und pädagogische Zielsetzungen formuliert. Für einen bildungstheoretisch fundierten Forschungsansatz gibt Verf. ein konkretes Beispiel, dass sich mit dem kooperativen Lernen im Sportunterricht auseinandersetzt und dem Ideal der Integration fachlichen und persönlichkeitsbezogenem Lernen sehr nahe kommt. Ziel dieses Ansatzes ist es, eine Komplexität zu erreichen, die das Zusammenwirken von Lernumgebungsgestaltung und dem sich darin ereignenden Schülerverhalten erfasst. Dabei kann man mithilfe der Ergebnisse, prozessuale Befunde mit Lerneffekten vergleichen und die Umsetzbarkeit des Konzeptes in der Praxis aufzeigen. Wie Verf. abschließend ergänzt, scheitert bisher die beabsichtigte Vernetzung der bereits gewonnenen Ergebnisse an unterschiedlichen theoretischen Fundierungen sowie den variierenden Untersuchungsdesigns und forschungsmethodischen Aspekten.
Beitrag: Empirische Desiderate einer normativen Fachdidaktik
Autor: Hoffmann, Andreas
Fundstelle: S. 25-36, Lit.
Die Fachdidaktik des Schulsports und die empirische Bildungsforschung sind Grundbausteine sportpädagogischer Wissenschaft. Die Fachdidaktik als normativ geprägter und die empirische Bildungsforschung als ein nicht-normativer Eckpfeiler stehen sich dabei kontrovers gegenüber und stellen die Frage nach der Kombinierbarkeit beider. Die Tendenz innerhalb der Erziehungswissenschaften, in der Empirie nur einen geringen Stellenwert hat, bestätigt sich auch in der Sportpädagogik. Es fehlt sowohl quantitativ als auch qualitativ an empirischen Studien. Quellenanalysen sportpädagogischer Literatur zeigen, dass sich von 1.200 sportwissenschaftlichen Beiträgen nur 20 Prozent auf eigenständig erhobene Daten berufen. Schulsport wurde dabei jedoch in 60 Prozent aller Quellen thematisiert. Die Hauptgründe sind dabei laut Verf. die geisteswissenschaftlich-hermeneutische Ausrichtung der Pädagogik als solche, die sich mit dem komplexen Gebilde des Sport treibenden Menschen auseinandersetzt, sowie die bisher defizitäre Anerkennung und Förderung des Fachgebietes. Verf. weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine rein auf Messbarkeit bedachte Empirie zwar nur eingeschränkt der Komplexität des Sportunterrichts gerecht wird, aber gerade in Zeiten von Bildungsstudien es dennoch notwendig ist, Vergleiche mithilfe klassischer Gütekriterien zu ermöglichen. Eine Didaktik kann nämlich nur dann über das Alltagsniveau hinausreichen, wenn sie empirisch an die Realität gebunden ist. Anhand aktueller Studien lassen sich positive Entwicklungen erkennen, die mit einer Umorientierung innerhalb der Sportpädagogik in Verbindung gebracht werden können. Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Ethnographie als sportpädagogische Forschungsstrategie : Chancen und Schwierigkeiten
Autor: Bindel, Tim
Fundstelle:S. 117-127, Lit.
Beschreibungen aufgrund von Beobachtungen, Ethnographien oder Videographien gewinnen in der forschenden Sportpädagogik immer mehr an Bedeutung, womit der Einfluss des Untersuchenden bei der Erhebung und Auswertung der Daten erheblich steigt. Verf. zeigt die Bedeutung der Ethnographie in der pädagogischen Forschung auf und stellt gleichzeitig die Diskrepanz zwischen offener Forschungshaltung und normativer Zielsetzung in der ethnographischen Forschung dar. Sportpädagogische Empirie ist laut Verf. in die Bereiche der Forschung in direkten sportpädagogischen Feldern (Schule und Sportunterricht) und in die Untersuchungen zentraler Begrifflichkeiten einzuteilen. Die Theorien (als normative Paradigmen) sind eng mit der Praxis (Wirklichkeit) verknüpft und haben daher Einfluss auf die Methodik. Diese wird nur geringfügig diskutiert und beschränkt sich zumeist auf Zielgerichtetheit. Verf. fordert die Öffnung zur qualitativen, flexiblen Forschung und beschreibt beispielhaft die Möglichkeit der Ethnographie. Der Umgang mit Kinderkulturen ist für pädagogisches Handeln unumgänglich, Ethnographie macht diese von innen heraus verständlich und stellt das methodische Instrumentarium zur Verfügung: Mehrperspektivität zur Erkenntnis und Reflexivität als Analyseinstrument. Verf. verdeutlicht dazu die Anwendungsmöglichkeit anhand eines Beispiels. Er zeigt, dass Verständnis und Analyse der Adressaten (hier Schüler) vor dem normativen Eingreifen notwendig sind um Misserfolge zu vermeiden. Selbstverständlichkeiten gilt es demnach zu hinterfragen. Die Durchführung einer ethnographischen Untersuchung ist zeit- und kostenintensiv und das Verhältnis zur Pädagogik ist problematisch. Eine offene Herangehensweise wirkt willkürlich, bedingt einen sich ändernden Forschungsfokus und damit ständig variierende Fragestellungen. Zielgerichtete Untersuchungen, die finanzielle Träger finden, sind daher schwierig. Sich ganz der theoretischen Vorkenntnis und gewissen Normen zu entledigen ist kaum möglich. Daher ist die Ethnographie zwar bedeutsam jedoch in Geflecht von Empirie, Theorie und Normativität kaum umsetzbar und dient der Anregung und dem reflektierten Umgang. von Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Koedukation : Normative Positionen und empirische Befunde
Autoren: Frohn, Judith
Fundstelle:S. 187-199, Lit.
Koedukation ist ein Konzept, dass sich im Spannungsfeld von Theorie und Schulsportpraxis befindet. Die fachdidaktische Perspektive und die wechselseitigen Bezüge zur Geschlechterforschung und Praxis sind Inhalt dieses Beitrages. Die Entwicklung des Begriffes für ein soziales Geschlecht (gender) legitimiert dabei pädagogische und erzieherische Interventionen. Der Begriff Koedukation hingegen floss erst mit der emanzipatorischen Entwicklung Mitte der 1970er Jahre mit in die fachdidaktische Überlegungen ein, da der Begriff des rein biologischen Geschlechts (sex) nicht mehr überzeugend war. Gerade in der Pädagogik und im Sport halten sich die Geschlechterstereotype sehr hartnäckig und wirken als soziale Normen auch wenn sich die Bandbreite der typischen Geschlechtereigenschaften bis heute um einiges vergrößert hat. Die Koedukationsdebatte im Sportunterricht folgt dabei den theoretischen Perspektiven der Geschlechterforschung, die Defiziten und Differenzen entgegenwirkt und mit sozialer Konstruktion verbunden ist. Mit dem ersten Scheitern emanzipatorischer Bemühungen im konstruktiven Sportunterricht, spannt Verf. die Phasen der Koedukationsdebatte über den Differenzansatz bis in die heutige Zeit. Die aktuelle Phase der Koedukation ist mit einer Geschlechtersensibilität und reflexiven Koedukation verbunden. Sie erhebt hohe Ansprüche an die Lehrkraft, die ein berufliches Selbstverständnis zum Thema Koedukation entwickeln soll. Wie die Empirie zeigt, ist der Erfolg noch dürftig und die männliche Bevorzugung noch allgegenwärtig. Dies zeigt sich in der Dominanz der Sportspiele und in unterschiedlichen Leistungsbewertungen von Jungen und Mädchen. Es scheitert an mangelnder Vielfalt der Sportarten und der Bereitschaft sich in neue Bewegungsfelder einzuarbeiten. Zuschreibungen erfolgen qua Geschlecht, Stereotype werden verfestigt und individuelle Potenziale spielen kaum eine Rolle. Lehrpläne und Richtlinien geben den Umgang mit Koedukation vor. So wird in der Grundschule koedukativ, in der Sekundarstufe I geschlechtergetrennt und in der Sekundarstufe II wieder koedukativ unterrichtet. Schulformunterschiede sind jedoch empirisch nicht belegbar und fragwürdig. Befunde legen nahe, dass es nicht allein die Organisationsform ist, die Koedukation fördert, sondern die Inszenierungsweise, die Homogenität der Lerngruppe, die Haltung und das Alter der Lehrkraft sowie das Unterrichts- und Schulklima. Eine koeduaktive Forschung ist daher auch weiterhin notwendig, damit es in der Praxis zu Veränderungen kommen kann. von Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Kompetenzmodelle für das Schulfach Sport : zur Fundierung und Empirisierung sportpädagogischer Bildungserwartungen
Autor: Gogoll, André
Fundstelle: S. 49-62, Lit.
Mit dem Abschneiden Deutschlands bei PISA und TIMSS wurde eine bildungspolitische Diskussion in Gang gebracht. Der Tenor ging dahin, dass Schülerleistungen sich an realisierbaren Bildungszielen orientieren müssten. Dazu sollten sie auf einem theoretisch fixierten, operationalisierbaren und damit empirisch überprüfbaren Modell basieren. Verf. stellt allgemeine und speziell auf den Sportunterricht anwendbare Kompetenzmodelle und die mit ihnen verbundenen Probleme dar. Er spannt den Bogen vom „Modell allgemeiner Bildung“ nach Baumert und dessen Modi der Weltbegegnung bis hin zu den Basiskompetenzen als formale Seite allgemeiner Bildung. Kern der Kompetenzdefinition ist, dass kognitive Leistungsdispositionen zur Lösung von Problemen in ganz spezifischen Lern- und Handlungsfeldern erlernbar sind. Kompetenz ist daher nicht auf einer Ebene mit Bildung und Intelligenz zu sehen. Sie ist verantwortliche Handlungsfähigkeit. Sie wird erworben und ist Interventionen ausgesetzt. Der Begriff der jeweils speziellen Kompetenz darf dabei nicht zu breit bzw. eng gefasst werden und sollte sich auf wiederkehrend ähnliche Anforderungen beziehen. Durch das Herauslösen des Kompetenz- aus dem Bildungsbegriff, können Kompetenzen mithilfe von Kompetenzmodellen theoretisch fixiert und der Empirie zugänglich gemacht werden. Gleichzeitig ermöglichen sie, dass schulische Bildungserwartungen konkretisiert werden, was die Ursachenforschung der Schulleistungsforschung erleichtert. Die als Beispiel gezeigten Kompetenzmodelle nach Hummel und Franke sind erste Schritte einer kompetenztheoretischen Überlegung. Die Arbeit an den Kompetenzmodellen im Fach Sport befindet sich noch in den Anfängen. Sie sollte laut Verf. von den gesamten allgemeinbildenden Möglichkeiten des Fachs ausgehen, da diese in großem Maße mit den sportspezifischen Bildungserwartungen und dem Kulturbereich „Bewegung, Spiel und Sport“ korrelieren. von Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Lehrpläne Sport : Normatives vs. Empirisches
Autor:Stibbe, Günter
Fundstelle: S. 176-186, Lit.
An der Wirksamkeit deutscher Lehrpläne wird seit internationalen Leistungsvergleichsstudien immer wieder gezweifelt. Ein Wandel mit der Tendenz zu standardorientierten Kerncurricula und schuleigenen Lernplänen entwickelte sich, der Innovationen im Unterrichtsprozess und der Bildungspolitik hervorrufen sollte.Lehrpläne sind gesellschaftspolitisch gewollte Vorstellungen darüber, wie Schulen und Sportunterricht idealtypisch sein sollen. Sie sind programmatische Grundlage und Orientierung für den Lehrer, mit dem eine Absichterklärung und ein Planungskonzept verbunden sind. Das Problem der Lehrpläne besteht in ihrer nur begrenzten Steuerung, denn ihre Auslegung und Umsetzung ist individuell unterschiedlich und führt zu einer sog. Rekontextualisierung. Sie werden zur Unterrichtsstrategie, die dem Unterrichtsalltag angepasst ist. Entscheidenden Einfluss haben die Lernvoraussetzungen und –möglichkeiten. Neuere Lehrplantendenzen umfassen eine pädagogische Profilierung zum erziehenden Sportunterricht mit der Orientierung am Doppelauftrag. Der Lehrplan Nordrhein- Westfalens ist Vorbild dessen. Dieses ist bis heute mit Umsetzungsproblemen und erheblichem Professionalisierungsbedarf verbunden. Die Lehrpläne sollten sich im Sinne der Bewegungsfeldorientierung öffnen und flexiblere Gegenstandsbereiche beinhalten. Damit stehen sie künftigen Entwicklungen und örtlichen Spezifika wandlungsfähiger gegenüber. Bisher ist die Akzeptanz dessen noch nicht ausgereift.Auch die Gestaltungsspielräume der Schule und ihre schuleigene Lehrplanarbeit können durch verringerte Festlegungen und Verbindlichkeiten erweitert werden. Freiräume schaffen, so dass die Schulen ihr persönliches, selbstbestimmtes Profil entwickeln können. Eine arbeitsfähige Fachkonferenz ist daher unabdingbar, die Kooperation steht jedoch häufig noch auf Kinderbeinen. Letzte wichtige Tendenz ist die Standard und Kompetenzformulierung um der Forderung nach einheitlichen, outputorientierten Bildungsstandards nachzukommen. Nur damit lassen sich Rückschlüsse auf den Erfolg schulischer Maßnahmen ziehen. Diese fordern hohe Kompetenzen der Lernperson und sind bisher zu kurz gefasst um ein klares Bild zu entwickeln und etwaigen Unterrichtsproblemen aus dem Weg zu gehen. Mehr Erfolg versprechende Lehrplanumsetzungen sind daher mit veränderten Lehrplanentwicklungen verbunden, die die Lehrkraft mehr einbinden, die verständliche und prägnante Lehrpläne und günstige Rahmenbedingungen schaffen, sowie diese über Einführungsveranstaltungen dem Lehrenden näher bringen. von Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Normative Implikationen sportbezogener Jugendforschung
Autoren:Sygusch, Ralf; Brandl-Bredenbeck, Hans Peter; Burrmann, Ulrike
Fundstelle:S. 77-92, Lit.
Empirische, sportbezogene Jugendforschung untersucht die Sozialisationsprozesse in den Sportvereinen. Hier hat es einen Sinneswandel vom „Sport stärkt“ über „Sport kann stärken“, zum heutigen „Sport soll stärken“ gegeben. Die vermutete Wirkung des Jugendsports im Verein reicht über die Entwicklung rein sportlicher Handlungs- und Leistungsfähigkeit hinaus zur ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung, die die Arbeit in den Schulen ergänzt. "Sport stärkt“: Dazu versuchen Verf. normative Implikationen der Vereinssportpotenziale darzustellen und erfassen den derzeitigen Forschungsstand zu den vermuteten Wirkungen des Vereinssports auf Kinder und Jugendliche. Die Autoren beenden die Ausführungen mit einzelnen normativen Konzepten. Das dargestellte sportbezogene Sozialisationskonzept erklärt modellhaft die Wirkung der Jugendarbeit in Sportvereinen. Der Verein kann es schaffen, ausgehend von den jeweiligen Lebenslagen, ein Sportengagement in Kindern zu entwickeln, welches dann positive Auswirkung auf ihre sozialen, kognitiven und personalen Ressourcen haben kann, wichtig zur Bewältigung jugendtypischer Entwicklungsaufgaben und Alltagsbelastungen. „Sport kann stärken.“: Den empirischen Forschungsstand fassen Verf. in Unterpunkten zusammen. Angelegt als Querschnittsstudien beweisen sie nur schwache positive Effekte. Stichhaltige empirische Belege fehlen. Die Frage nach dem “kann Sport wirklich stärken?“ ist ungeklärt. Sportvereinsarbeit basiert als Ergebnis dessen heutzutage auf zwei Intentionen: der Förderung des Sportengagments und der Unterstützung der jugendlichen Entwicklung. In der Forschung ist ein Wandel notwendig, der sportliche Entwicklung konkret untersucht und zu normativen Implikationen führt. Verf. stellen Ressourcen, Ziele und notwendige Methoden dar um dieses zu erreichen. Ergebnis der Betrachtung ist ein Förderkonzept mit fünf Basisressourcen und sechs Kernzielen, basierend auf einer Methodik der Sportartenorientierung„Sport soll fördern“. Der bisherigen Untersuchungsweise müssen demnach Längsschnitt- und Interventionsstudien weichen, die mehr Kausalitätsaussagen ermöglichen. Entscheidend sind Überlegungen darüber, was sportliche Aktivität allein tatsächlich zu leisten im Stande ist. von Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Normativität und kasuistische Unterrichtsforschung
Autorin: Wolters, Petra
Fundstelle: S. 93-103, Lit.
Die Debatte ob erziehungswissenschaftliche Forschung Werturteile enthalten soll, kann oder dürfte, wird in der Wissenschaft schon lange diskutiert. Wandte man sich zuerst wie Brezinka komplett gegen Normativität, so lockerte sich diese Ansicht mit Böhm und Schulz. Pädagogik kommt, so die neuere Auffassung, nicht ohne Normen aus. Aufgabe der Erziehungswissenschaft ist es nunmehr, die immanenten Normen der Praxis aufzuklären. Kasuistik als Fallarbeit dient dabei der erfahrungswissenschaftlichen Untersuchung der Unterrichtswirklichkeit, die zu Kategorisierungen führt, die das unterrichtliche Handeln rationalisieren und verbessern. Damit wird der Gefahr der Gewohnheit, des didaktischem Dogmatismus und dem Zufall vorgebeugt. Für aufgestellte Theoreme ist demnach entscheidend, wie sie helfen didaktische Situationen auszulegen und sie dann besser zu verstehen. Theorie soll dabei aus der Praxis gewonnen werden, nicht umgedreht. Gerade die Diskrepanz von Absicht und Wirkung im Unterricht und die dabei auftretenden Probleme sind Gegenstand kasuistischer Foschung. Fakten, Normen, Probleme und Lösungen sind die sich wechselwirkend beeinflussenden Faktoren im Unterrichtsgeschehen. Die Vorstellung von vier verschiedenen kasuistischen Theorien zeigt, dass sich die Forschung zwischen normativen Implikationen und einer angestrebten Wertfreiheit bewegt und damit Normativität skeptisch gegenübersteht. Normen sind interpretierbar und ohne Situationsbezug nur leere Formeln. Sie sind inhaltlich verschieden oder gleichzeitig anwendbar und zum Teil nur schwer zu realisieren. Normen und Lösungen stehen damit in einem Missverhältnis zueinander, welches unterschiedlich abgebaut werden kann. Kasuistik gibt für konkrete Unterrichtssituationen Handlungsempfehlungen. Grundtendenz zur Entwicklung dieser Theoreme gibt der kasuistische Zirkel in dem Normen, Fälle und Auslegungen einander bedingen. Damit verfolgt Kasuistik das Ziel der Erkenntnisgewinnung aus alltäglichen Fällen und der Beratung im Praxisalltag. von Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Selbstbespiegelung als Aufklärung : Stücke zu einer reflexiven Methodologie
Autoren:Schierz, Matthias; Thiele, Jörg
Fundstelle: S. 127-139, Lit.
Verf. stellen in diesem Beitrag empirische Projekte der Sportpädagogik vor und untersuchen diese auf ihre impliziten normativen Voraussetzungen und Anteile. Es zeigt sich, dass Empirie und Normativität dabei in enger Wechselwirkung zueinander stehen. Zur Reflektion distanzieren sich Verf. und entwerfen damit eine reflexive Perspektive. Ziel ist es einen Selbsteinschluss der Methodologie in das Beobachtete zu erreichen. Die kontrovers diskutierte Praxisforschung bedarf beispielsweise verschiedenster normativer Vorgaben. Sie sollte sich mit konkreten Schulalltagsproblemen befassen. Die angewendeten Methoden sollten Lehrende und Studierende kennen und verstehen. Letztlich sollen mit den Ergebnissen Entwicklungsperspektiven für die eigene Schule entwickelt und diese auch für andere Schulen zugänglich gemacht werden. Wie aber ein Modellversuch in Niedersachsen zur Förderung sportlicher Talente zeigt, können normativ aufgeworfene Fragen auch trotz Schaffung von Orientierungsrahmen und einer pädagogischen Sinngebung nicht immer beantwortet werden. Eine empirische Praxis vor Ort, abgestimmt auf die jeweiligen Anforderungen ist von Nöten. Nur durch die externe Beobachtung durch Unbeteiligte ist Praxisforschung sichtbar, reflektierbar und analysierbar. Normative Forderungen an die Praxis sind von den normativen Forderungen an die Forschung nicht zu trennen. Der Erfolg der Praxisforschung liegt im reflektierten Gewinn von utopischer Normativität, welche Chancen und Risiken schafft. Auch distanzierte Forschungsstrategien wie das Beispiel der „Täglichen Sportstunde an Grundschulen in NRW“ können dem Ideal völliger Normfreiheit und Objektivität nicht entsprechen. Sie erklären jedoch klar die Verbindung normativer und empirischer Erkenntnisse und halten diese bewusst im Forschungsprozess. Dabei ist die Forschung durch gesellschaftliche Rahmung und die öffentliche Diskussion geprägt, was mit veränderten normativen Voraussetzungen und Folgeprobleme in der Themeneinbeziehung, Methodik und Darstellung verknüpft ist. Je nach Forschungstyp ist demnach ein spezifischer Modus der Objektkonstruktion notwendig. von Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Sportpädagogische Verzahnung in der Handlungsforschung
Autoren: Laging, Ralf
Fundstelle:S. 164-175, Lit.
Eine Aufgabe sportpädagogischer Studien liegt in der Innovation schulischer und unterrichtlicher Praxis, bei der die Forschung eng mit der Praxis verzahnt ist und die Schulen berät und begleitet. Ein Balanceakt, der am Beispiel der Ganztagsschulentwicklung mit dem Projekt StuBSS (Studie zur Entwicklung von Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagsschule) näher beschrieben wird und sich in diesem Fall in die handlungsorientierte Schulbegleitforschung einordnen lässt. Aufgrund des theoretischen und konzeptionellen Rahmens verzahnen sich normative Vorstellungen und empirische Schulforschung. Kernpunkte einer Handlungsforschung sind die direkte Forschungsbeteiligung der Lehrkräfte als Praxisexperten und eine intendierte Veränderung der Praxis. Der Forschungsprozess läuft nicht linear, sondern ist wechselseitig von Teilergebnissen durchdrungen. Ziel ist die direkte Unterstützung von Schulentwicklungsprozessen in der konkreten Praxis der Schule. Das Bewegungsverständnis der Ganztagsschule, welches sich im Konzept der Schule zeigt, soll durch einen „fremden Blick“ erforscht werden. Hierzu wurden Schulportraits, also Fallstudien zur Untersuchung herangezogen. Die Verfahren waren leitfadenorientierte Interviews, Gespräche, Gruppendiskussionen und Beobachtungen der Lehrer, der Lernenden und der Schulleitung, sowie Feldaufzeichungen und Dokumentanalysen. Für das mehrstufige Auswertungsverfahren dienten der „wissenschaftliche Quellentext“, das offene Kodieren und eine Kombination aus offenem und thematischen Kodieren. Es entstand eine thematische Struktur entlang derer das Schulportrait entwickelt wurde. Die Studien zeigen die faktische Wirklichkeit bezüglich der Bewegungsperspektive und enthalten Entwicklungsperspektiven und Potenziale. Sie dienen daher in den Schulen zur Validierung, Präsentation und Entwicklungsarbeit. Das Schulportrait als Evaluationsinstrument gibt Schulentwicklungsperspektiven die sich in Veränderungen hinsichtlich der Sensibilisierung des Themas „Bewegung“ bis hin zu einer eindeutigen Tendenz in Richtung bewegungsorientierte Ganztagsschule zeigen. Anhand eines Praxisbeispiels wird dieses Potenzial der Schulportraits noch einmal verdeutlicht. von Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Über versteckte Schulsportideale in Schulsportstudien
Autor: Kuhlmann, Detlef
Fundstelle: S. 105-115, Lit.
Verf. versucht anhand der DSB SPRINT Studie sowie der Bayern Studie die vorhandene Beziehung zwischen Normativem und Empirischem darzustellen. Er untersucht innewohnende Schulsportideale und hinterfragt diese nach normativen Implikationen. Generell werden in beiden Studien Schulsportideale implizit vorausgesetzt. Diese stille Verzahnung von Sollen und Sein und die Kontrastierung von Anspruch und Wirklichkeit sind Teil des differenzanalytischen Ansatzes und stehen im Fokus dieser nachträglichen Untersuchung. Hierzu betrachtet Verf. den idealen Fachauftrag, die Idealbilder in den Inhaltskatalogen und des Sports im Schulleben und endet mit dem Idealbild einer Sportlehrkraft. Der Fachauftrag wird in beiden Studien nur erhoben und geht nicht von deren Realisierung aus, ferner korrelieren die Statements der Erhebung auch nicht mit den ministeriellen Vorgaben. Der Fachauftrag wird somit idealisiert. Die DSB SPRINT Studie macht hinsichtlich des Inhaltskataloges keinen Unterschied zwischen Sollen (lt. Richtlinien) und Sein (tatsächlich unterrichtet), hinterfragt aber Schülerwünsche. Deren Ideen können als ein Teil des Inhaltskatalogs idealisiert werden. Die Bayern Studie hat hingegen das Idealbild einer inhaltlichen Vielfalt und Ausgewogenheit. Sie untersucht ferner Trendsportideen und den Einfluss des Spaßfaktors. Dem Stellenwert des außerunterrichtlichen Sports widmet die DSB SPRINT Studie große Aufmerksamkeit. Die Ergebnisse zeigen die Tendenz zur Vielfalt und Offenheit der Angebote sowie zur Diffusion. Die strukturellen Rahmenbedingungen können dabei Möglichkeiten eröffnen oder begrenzen. Die Bayern-Studie begrenzt außerunterrichtlichen Sport auf Projekte und Kooperationen. Dazu werden interne (klassen- jahrgangsübergreifender Unterricht) und externe Vernetzungen (Verbände, Vereine) des Schulsports angestrebt. Die DSB-SPRINT Studie beweist, dass das Idealbild des Sportlehrers weit vom Realbild abweicht. Die Lehrkräfte haben häufig keine akademische Ausbildung und sind überaltert. Schülerbefragungen zeigen wie Sportlehrer sein sollen. Verf. stellt die Wahl der Prädikatenliste für eine Sportlehrkraft jedoch in Frage. Er schafft es mit dem Beitrag einen Überblick über das Sollen und Sein in der Sportpädagogik zu geben, beispielhaft an den gewählten Studien. von Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Zur Empirie des Normativen : Differenzstudien
Autor:Neumann, Peter
Fundstelle: S. 155-163, Lit.
Verf. versucht mit seinem Beitrag die Differenz zwischen bildungspolitischem Anspruch und schulischer Wirklichkeit zu bestimmen und zu bewerten. Die Ansprüche als Forderungen in den unterschiedlichen pädagogischen Anspruchsebenen beziehen sich auf die jetzige und sind gleichzeitig Forderungen an die zukünftige Wirklichkeit. Sie sind demnach Projektionen der Wirklichkeit. Sie können fremd oder selbst gesetzt sein und sich auf das Soll oder Ist beziehen. Differenzstudien befassen sich dabei hauptsächlich mit der Verwirklichung der Fremdansprüche und untersuchen in Form von Bestandsaufnahmen die Verwirklichung oder Nichtverwirklichung dieser pädagogischen Ansprüche. Dabei erfolgt die Differenzbestimmung mithilfe von Interviews, Diskussionen und Beobachtungen, die zum Verständnis und anschließender Bewertung und Reflektion der Differenz führen. Die Bewertung der Ergebnisse ist dabei stark von den jeweiligen pädagogischen Ansprüchen abhängig. Ergebnisse können zu einer Anspruchspräzisierung, -reduktion oder Wirklichkeitsverbesserung führen. Sie schaffen es jedoch nicht die Wirklichkeit lückenlos darzustellen. Probleme bei der Arbeit können dadurch eintreten, dass die Befragten, die normativen Vorgaben nicht hinterfragen und es im Zuge der Studie zu einer Fixierung der nachgefragten Ansprüche kommt. Die Differenzstudien haben den Anspruch, dass die Fachwissenschaften von den schulsportlichen Bedingungen und Verwirklichungen Notiz nehmen, mit dem Ziel einer Reflektion über die Angemessenheit pädagogischer Ansprüche. Differenzstudien sind einschlägig und in der fachdidaktischen Forschung weit verbreitet. Ihre spezifische Logik ermöglicht eine thematische Offenheit. Sie ermöglichen eine Kombinierbarkeit mit quantitativen Methoden, die die Aussagekraft der qualitativen Daten erhöhen. Sie sind erweiterbar und stark praxisorientiert und damit eine effektive Variante der sportpädagogischen Forschung. von Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Zur Konstruktion des Kindes in der neueren Kindheitsforschung
Autorin:Röhner, Charlotte
Fundstelle:S. 63-75, Lit.
Ausgehend von einer populärwissenschaftlichen Quelle versucht Verf. einen kurzen Überblick über die Kindheitsforschung der neueren Zeit zu geben. Sie schlägt den Bogen vom Kind als Entwicklungswesen, über das OPIA- (Ontological Passively Idyllic Apolitical) hin zum CAMP- (discursively Constructed Actively acting Modernized Politically Contested) Kind und endet mit neueren sozialwissenschaftlichen Diskursen der Kindesforschung sowie der Kritik jener. Biologisch-psychologisch gesehen ist das Kind ein in der Entwicklung stehendes Individuum, das auf die Erwachsenen angewiesen ist, sozialstrukturelle und gesellschaftliche Bedingungen bleiben außer Betracht, das Kind wird rein ontologisch-naturalistisch betrachtet. Dieser normativen Implikation setzt die neuere Kindheitsforschung eine antipädagogische Grundtendenz entgegen, die die Eigenständigkeit der Kinder fordert. Man kehrt sich damit klar von der klassischen Sozialisationstheorie ab. Der Diskurswandel des Kindheitsbegriffs in der Sozialwissenschaft ist anhand des Übergangs vom OPIA-Kind hin zum CAMP-Kind nachvollziehbar. Kinder sind demnach nicht mehr inkompetent, unwissend und unfertig, sondern Autoren ihrer eigenen Entwicklung und interpretieren ihre Umwelt. Kinder sollen zur Sozialberichterstattung direkt befragt werden (früher meist indirekt über Erwachsene) und sind autonome Individuen, die Rechte besitzen (UN-Konvention für die Rechte des Kindes) und an der Gesellschaft teilhaben. Neueste Kindheitsforschungen befassen sich daher mit gesellschaftlichen Risikolagen, wie Kinderarmut, Migration und ethnischer Differenz, sowie dem Verhalten der Kinder in Peer-Groups. Die Ethnomethodologie wird angewandt um die soziale Eigenwelt der Kinder näher zu erforschen. Verf. kritisiert jedoch, dass die neueren Modelle die Phasenmodelle der Ontogenese und damit Bildung als lebenslangen Lernprozess außer Acht lassen sowie die Kinder den Erwachsenen gleichstellen. Kindern wird ihre biologische Leiblichkeit und die generationale Ordnung entzogen. Kindheit zeigt sich daher je nach pädagogischer, erziehungswissenschaftlicher oder sozialwissenschaftlicher Interpretation als ein unterschiedlich zu interpretierender Begriff, der einem stetigen Wandel unterliegt. Für jede sozialwissenschaftliche Forschung ist daher eine Reflexion des inhärenten Kindheitsbildes und –verständnisses unabdingbar. von Oltersdorff-Kalettka
Beitrag: Zwischen Sportartenkonzept und Doppelauftrag : Empirische Implikationen fachdidaktischer Konzepte
Autor: Kurz, Dietrich
Fundstelle:S. 37-47, Lit.
Sportunterricht hat der von der Bildungspolitik geforderten Aufgabe zur Erfassung von Unterrichtsergebnissen („output“) nachzukommen. Empirische Untersuchungen, die dieses „Sollen und Sein“ im Sportunterricht darstellen, sind jedoch nur in Ansätzen zu finden. Verf. beschränkt sich bei seiner Soll-Analyse auf die beiden fachdidaktischen Konzepte „Sportartenkonzept“ und „Doppelauftrag“. Er versucht dabei die Erwartungen an die Schule und den Sportunterricht, sowie die damit verbundene Transfer-Hoffnungen darzustellen. Sportunterricht kann als einziges Schulfach die körperliche und motorische Entwicklung direkt beeinflussen und hat damit einen Alleinstellungsvorteil. Die empirische Leistungserfassung ist vom didaktischen Konzept abhängig. So kann die Leistung im Sportartenkonzept häufig durch motorische Tests, beim Doppelauftrag eher durch Befragungen gemessen werden. Die Frage, was der Schulsport dabei explizit kann, ist dennoch schwierig zu beantworten, da sich mit dem Wachstum automatisch die körperliche Leistungsfähigkeit verändert und der Schulspor