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978-3-8322-7758-1
Philipp Schwartz
Das Lettländische Zivilgesetzbuch vom 28. Januar 1937 und seine Entstehungsgeschichte
Rechtswissenschaft
Rezension
ZNR Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte, 34. Jahrgang 2012 Nr.1/2, Seite 170 f, 02.08.2012

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Die titelgebende Zivilrechtskodifikation durchlief eine besondere Entwicklung: 1937 in Kraft gesetzt, zufolge der sowjetischen Okkupation 1940 aufgehoben, abermals in Kraft während der deutschen Besetzung 1941 bis 1945, ab 1992 mit Änderungen schrittweise wieder eingeführt. Die zeitgenössische Literatur hält sich damit begreiflicherweise in engen Grenzen, immerhin existiert sogar ein deutschsprachiger Kommentar zum Gesetzbuch aus den Jahren 1938 und 1940 (3). Insgesamt aber schließt die Greifswalder Dissertation in schöner Weise eine Lücke und trägt damit zu vielerlei Aspekten bei: Begründung einer Zivilrechtsordnung für einen neuen, in seinen Grenzen zum Teil unhistorischen Staat; im Zusammenhang damit Rechtsvereinheitlichung bislang unterschiedlicher Rechtsgebiete (zu beiden Aspekten informative Karte: 28); Gesetzgebungsgeschichte mit den auch von anderen Ländern bekannten Aspekten wie etwa Kompilation oder Kodifikation, zum Inhalt Rezeption, Revision oder Reform (34-46), „äußere und innere Kontinuität" (47-50) und der spezifische Aspekt einer Rechtsangleichung der baltischen Staaten (51-53). Schließlich entschied man sich für „ein neues und eigenständiges Zivilgesetzbuch für ganz Lettland", also für „Reform" (39).
In Lettland als Teil der ehemaligen russischen Ostseeprovinzen galten neben dessen Recht, besonders dem „Liv-, Est- und Curländischen Privatrecht" Bunges von 1864, die schon allein quantitativ wichtigen „Bauernordnungen", wobei gerade diese „eine Autonomie gegenüber dem Recht der jeweils herrschenden Macht", zuletzt Russland, ermöglicht hatten. Es ist interessant zu lesen, dass gerade zufolge dieser Autonomie „die Staatswerdung der Republik Lettland überhaupt möglich war" (31). Unter anderem aus diesem Grund verwarf man die Idee einer „Rezeption", vor allem des ZGB, zeigte sich aber für Einflüsse aus „insbesondere Deutschland und der Schweiz" offen (36). Gegen eine „Revision" von Bunges Gesetzbuch sprach interessanterweise auch der Umstand, dass von diesem eine offizielle lettische Übersetzung nicht vorlag, ferner inhaltliche Gründe (36). Und „so beschritt man letztlich diesen Weg der Reform" mit einer eigenen Kodifikation (38). Schwartz beschreibt die Gesetzgebungsgeschichte von den ersten Anfängen 1918 über wechselnde politische Ereignisse wie den Staatsstreich von Ministerpräsident Ulmanis 1934 (Staatspräsident ab 1936) bis hin zum Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs zum Jahresbeginn 1938. Das autoritäre Regime von Ulmanis begünstigte die Schaffung der Rechtseinheit durch das Zivilgesetzbuch 1937, halboffiziell wurde es auch „Präsident Ulmanis Zivilgesetzbuch" genannt (129). Interessant ist übrigens, dass das Geteilte Eigentum erst im Dezember 1938 abgeschafft wurde.
Ein umfangreiches Kapitel (149-229) erläutert „Tragende Grundsätze und Inhalt", gefolgt von einem Kapitel „Beurteilung des Lettländischen Zivilgesetzbuches von 1937 in rechtsdogmatischer und rechtspolitischer Hinsicht" (231-264). Aus der detaillierten und ausgewogenen Darstellung ergibt sich ein interessantes Ergebnis, das Schwartz in der Bezeichnung widergespiegelt sieht: Entstanden sei ein staatlich- „lettländisches" und nicht ein ethnisch- „lettisches" Gesetzbuch, denn nationale Besonderheiten spielten kaum eine Rolle, auch gebe es zu Bunges Gesetzbuch eine „innere Kontinuität" (265f).Alles in allem eine gelungene und wertvolle Arbeit, nicht zuletzt zufolge der breiten quellenmäßigen Grundlage und der Einbeziehung von Sekundärliteratur.

Wilhelm Brauneder, Wien

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