Zusammenfassung: | Die Rechtsprechung des BGH zum bedingten Tötungsvorsatz ist inzwischen kaum mehr überschaubar. In den Kommentaren werden die von ihm herangezogenen Indizien für und gegen die Annahme eines dolus eventualis lediglich unvollständig und ungeordnet wiedergegeben. Dies führt zum Teil dazu, dass dieser Rechtsprechung Inkonsistenz und somit Unkalkulierbarkeit vorgeworfen wird. Außerdem ist fraglich, ob der BGH mit seiner Rechtsprechungspraxis nicht seinen Aufgabenbereich als Revisionsinstanz verlässt, welcher ja auf eine Rechtskontrolle beschränkt ist. Mit der vorliegenden Arbeit soll die Rechtsprechung des BGH zum bedingten Tötungsvorsatz daher näher untersucht werden. Zunächst wird diese auf ca. 200 Seiten dargestellt und analysiert. Ziel ist hierbei, die Rechtsprechung zu strukturieren und nachvollziehbarer zu machen. Die Arbeit wendet sich insoweit primär an den Praktiker, der mit der Frage des bedingten Tötungsvorsatzes befasst ist, sei es als Staatsanwalt, Richter oder Verteidiger in erster oder zweiter Instanz oder auch als Kriminalbeamter. Ausgewertet wurden sämtliche veröffentlichte und unveröffentlichte Entscheidungen des BGH seit 1982 bis einschließlich Dezember 2010. Zu diesem Zweck wurden in über 100 Fällen auch die erstinstanzlichen Urteile mit herangezogen. Da Hauptindiz die Gefährlichkeit einer Gewalthandlung ist, werden im Rahmen dieses Indizes zunächst 18 Fallgruppen anhand von typischen, immer wieder auftretenden Fallkonstellationen gebildet und die Rechtssprechung innerhalb dieser Fallgruppen geschildert und analysiert, bevor die weiteren Indizien für und gegen die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes aufgeführt und näher untersucht werden. Dies bietet den Vorteil, dass die zu einer bestimmten, interessierenden Fallgruppe (wie etwa Messerstiche, Tritte, Schüsse oder Würgen) ergangenen Entscheidungen im Zusammenhang nachgelesen werden können, aber auch die zu den einzelnen Pro- und Kontra-Indizien vorhandene Rechtsprechung vertieft werden kann, die im Anschluss für alle Fallgruppen zusammengefasst wird. So finden sich umfangreiche Ausführungen zu den Indizien des Vortat-, Tat- und Nachtatverhaltens, der Tötungshemmschwelle, Vorerfahrung, Aussage des Angeklagten, seiner Motive, Persönlichkeit sowie der häufig thematisierten Beurteilungsmängel wie Alkohol und affektiver Erregung usw. Im Anschluss wird ein Gesamtüberblick über die Indizien nach Art einer Checkliste gegeben. Nach der Analyse beschäftigt sich die Arbeit damit, wie sich diese Rechtsprechung in die sonstige Revisionsrechtsprechung des BGH einordnen lässt, bevor der Frage nachgegangen wird, inwiefern die Praxis des BGH noch vom Aufgabenbereich der Revisionsinstanz abgedeckt ist. Hierbei geht es um die schwierige Abgrenzung von Tat- und Rechtsfrage, für die ein Lösungsansatz erarbeitet werden soll. |
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