Adaptronische Systeme zeichnen sich durch die Beeinflussung des (mechanischen) Systemverhaltens, durch die strukturelle Integration eines elektronischen Regelkreises und die Nutzung multifunktionaler Materialien aus. Der hohe integrationsgrad adaptronischer Systeme führt zu starken Abhängigkeiten zwischen den beteiligten Fachdomänen, welche in der industriellen, verteilten Produktentwicklung berücksichtigt werden müssen.

Im Zuge der Dissertation wurden die bestehenden Schwachstellen bei der industriellen, verteilten Entwicklung aktiver Systeme identifiziert. Diese sind allgemein eine fehlende Kommunikation domänenspezifischer Ergebnisse über Domänengrenzen hinweg, sowie eine zu späte Absicherung von Änderungen im Rahmen einer Systemintegration am Ende von Entwicklungsschritten.

Das im Rahmen der Dissertation entwickelte Konzept einer integrierten, virtuellen Entwicklung adaptronischer Systeme gliedert sich in vier Teile. Im ersten Teil, welcher die Basis des Gesamtkonzeptes darstellt, wurde ein Konzept für eine durchgängige Integration von Systemund Simulationsmodellen, als Gegenstand des Systementwurfes, und domänenspezifischen Konstruktionsmodellen, als Gegenstand der Detailkonstruktion, entwickelt. Die Integration wird ermöglicht durch die Nutzung gemeinsamer funktionaler Merkmale, welche das Verhalten eines Systems beschreiben, und konstruktiven Merkmalen, welche zur Ausgestaltung von Struktur oder Form einzelner Systemkomponenten dienen.

Im zweiten Teil wurde ein neues Vorgehensmodell zur virtuellen Entwicklung adaptronischer Systeme entwickelt, welches auf dem Integrationskonzept und einer durchgängigen virtuellen Absicherung basiert. Für die Verankerung des Integrationskonzeptes in der virtuellen Produktentwicklung wurde dieses im dritten Teil des Konzeptes in ein Informationsmodell überführt, welches die rechnerintegrierte Abbildung von System-, Simulations- und Konstruktionsmodellen ermöglicht. Im vierten Teil des Konzeptes wurde der im neuen Vorgehensmodell enthaltene virtuelle Absicherungsprozess detailliert ausgearbeitet. Der Prozess beschreibt die Absicherung konstruktiver Änderungen an einzelnen Systemkomponenten in Bezug auf die Erfüllung funktionaler Anforderungen durch die Werte der funktionalen Eigenschaften. Grundlage des Prozesses bilden die rechnerintegriert abgebildeten System-, Simulations- und Konstruktionsmodelle.

Im Rahmen der prototypischen Umsetzung wurde das Assistenzsystem IDAS als Werkzeug der rechnergestützten Anwendung des Konzepts entwickelt und auf Basis eines kommerziellen PDM-Systems implementiert. IDAS erlaubt dem Nutzer die rechnerintegrierte Abbildung von System-, Simulations- und Konstruktionsmodellen. Zur Unterstützung des im Vorgehensmodell beschriebenen Entwicklungsprozesses erlaubt IDAS zudem die teilautomatisierte Absicherung von Änderungen in der domänenspezifischen Konstruktion.

Die Tragfähigkeit des entwickelten Konzepts wurde mit Hilfe eines repräsentativen Beispiels validiert. Hierzu wurde ein aktives Motorlager auf Basis piezoaktiver Materialen als Beispiel eines adaptronischen Systems ausgewählt. In der Validierung wurde die virtuelle Produktentwicklung des aktiven Motorlagers anhand des im Vorgehensmodell beschriebenen Prozesses, unter Anwendung des Assistenzsystem IDAS, durchlaufen.

Schlagwörter: Virtuelle Entwicklung; Adaptronik; Virtuelle Absicherung

Forschungsberichte aus dem Fachgebiet Datenverarbeitung in der Konstruktion